Reinhard Stegen

Journalist, Filmautor, Fotograf, Ettringen

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Noch viel Luft nach oben

ÖPNV-Initiative auf dem flachen Land

Nahverkehr Fünf Gemeinden im Osten des Unterallgäus wünschen sich eine bessere Anbindung des Flexibuses vor allem Richtung Buchloe und Bad Wörishofen

Die große Zahl der Teilnehmer in Wiedergeltingen war schon ein Gradmesser für die Relevanz des Themas, wenn auch Bürgermeister Norbert Führer - in aller Bescheidenheit - nicht von einem „Mobilitätsgipfel" sprechen wollte. Auch sei die Veranstaltung auf Initiative aller beteiligten Kommunen zustande gekommen.

Busunternehmer Josef Brandner und nach eigener Aussage Betreiber der „Mobility on Demand"-Dienstleistung warb in seinem Vortrag eloquent für das Pilotprojekt, das sich in Krumbach und den umliegenden Ortsteilen bestens bewährt habe. Das Konzept sieht relativ flexible Fahrgelegenheiten in den großen Lücken ÖPNV-Fahrpläne auf dem flachen Land vor und richtet sich damit vorwiegend an - meist ältere - Menschen ohne Auto und Behinderte. Eine Besonderheit stelle die wabenförmige Untergliederung der Region dar. Innerhalb dieser Waben biete das Flexibus-Angebot ein engmaschiges Netz an Haltepunkten, die nach telefonischer Anforderung oder Buchung über das Internet mit etwa 30-minütiger Toleranz angefahren werden. Der Fahrpreis sei mit aktuell 2,20 Euro auch für Menschen mit niedrigem Einkommen erschwinglich.

Nicht erst aufgrund der Krumbacher Erfahrungen sei klar, dass ein solches Angebot nicht rein marktwirtschaftlich zu finanzieren ist, sagte Brandtner. Nachdem Förderungen des Freistaats und des Landkreises zur Verfügung stehen, würden die Gemeinden mit moderaten jährlichen Zuzahlungen, je nach Einwohnerzahl, von rund 2500 bis 12 000 Euro dem Pilotprojekt für , , Ettringen, Wiedergeltingen und Amberg zum Start verhelfen. Der ÖPNV-Beauftragte des Landratsamtes, Helmut Höld, bezifferte das geschätzte Defizit auf 177 000 Euro jährlich.

Auch wenn die Gemeindevertreter dem Mobilitätsvorstoß grundsätzlich sehr gewogen schienen, wurde doch auch deutlich Kritik geäußert. So stellte Wiedergeltingens Gemeinderat Bernd Stapfner infrage, ob es bei dem mehr als dünnen Fahrplan einen ÖPNV in Wiedergeltingen überhaupt gebe. Manche Zweitautos würden im Ort nur angeschafft, weil es eben keine Busverbindung zum nahen Bahnhof in gebe, der allerdings im benachbarten Landkreis liege.

Es sei zu bezweifeln, ob das Fexibus-Angebot dem Bedarf nach einer funktionierenden Anbindung an die Stadt Buchloe mit ihren Einkaufsmöglichkeiten, aber auch der ärztlichen Versorgung gerecht werden könne. Die Menschen aus Wiedergeltingen wollten eben doch weniger nach Türkheim oder Ettringen fahren.

Als Manko wurde auch empfunden, dass die neu gefasste „Wabe" Bad Wörishofen nicht mit einschließt, was schmerzlich vor allem für Rammingen sei. Gudrun Kissinger-Schneider aus Türkheim zeigte sich enttäuscht, dass das vorgesehene Beförderungsangebot zwischen A und B bereits in den frühen Abendstunden ende und damit keine Nutzungsmöglichkeit etwa für Treffen mit Freunden oder den Besuch von Veranstaltungen biete.

Bemängelt wurde auch, dass das Ganze eine Insellösung sei ohne direkte Verknüpfung von vorhandenen Bus- und Bahnverbindungen. Josef Brandner hielt dem entgegen, dass das Projekt ein erster Schritt sei. Je nach Akzeptanz und Nachfrage sei das Angebot selbstverständlich ausbaufähig.

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