Wer in Frankfurt die Toilettenspülung bedient, beseitigt seine Hinterlassenschaften mit reinem Trinkwasser. Das stinkt vor allem den Kommunen, aus denen dieses Wasser importiert wird. Die müssen nicht nur strenge Wasserschutzauflagen in ihren Gebieten im Kauf nehmen, sondern deshalb auch noch mehr für ihr Wasser zahlen als die Frankfurter Nachbarn. Und es gibt noch ein viel ernsteres Problem: Man kann nicht wissen, wie lange der Wasservorrat für den stetig wachsenden Ballungsraum Frankfurt klimabedingt noch reicht.
Bild-ZoomFoto: ror Die Landschaft rund um das Inheidener Wasserkraftwerk ist von einer Auenlandschaft geprägt. Rinder leben dort sowie Störche und sehr viele andere Tierarten.
Bereits jetzt sind die Grundwasserstände beispielsweise im Vogelsberg und im benachbarten Burgwald mancherorts rapide gesunken. Deshalb fordern Naturschützer und Politiker ein Umdenken. Nicht das Wasser sollte zu den Menschen gebracht werden, sondern die Menschen zum Wasser.
Den günstigen Preis für das Wasser zahlen die Menschen im VogelsbergDie Frankfurter lieben den Vogelsberg als Naherholungsgebiet und sie lieben das klare frische Wasser aus seinem Vulkangestein, das in der Metropole günstig aus den Leitungen kommt. Den Preis dafür zahlen andere. Zum Beispiel die Bürger in Schotten. In dem Städtchen mit rund 10000 Einwohnern liegt eines der wichtigsten und größten Wasserwerke des Vogelsberges.
Die Oberhessischen Versorgungsbetriebe AG (OVAG) entnehmen dort bis zu 7 Millionen Kubikmeter im Jahr für das Rhein-Main-Gebiet. Aus diesem Grund ist die Stadt flächendeckend Wasserschutzgebiet und das bringt einiges an Auflagen mit sich. „Anstatt der sonst üblichen 15 Jahre müssen wir unsere Kanäle alle fünf Jahre warten", sagt Susanne Schaab (SPD), Schottens Bürgermeisterin. Die Kosten von 300000 Euro muss die Kommune selbst aufbringen. Umgelegt wird das auf die Bürger. „Die Schottener zahlen mit ihren Abwassergebühren dafür, dass billiges Trinkwasser in Rhein-Main ankommt", ärgert sich die Bürgermeisterin. Im Ergebnis sind das in Schotten 3,40 Euro pro Kubikmeter, in Frankfurt zahlt man für dieselbe Menge etwas mehr als die Hälfte. „Das ist nicht in Ordnung!", findet die Sozialdemokratin.
Gerhard Bischof ist 85 Jahre alt. Sein Leben lang hat er in der Wasserwirtschaft gearbeitet. Er sagt: "Es ist sehr viel weniger Wasser im Vogelsberg als angenommen wird." Der Grundwasserspiele sei mittlerweile um sieben Meter gesunken. Er findet es nicht richtig, dass das Wasser in der Metropolregion auch für die Toilettenspülung und als Löschwasser verwendet wird. "Die Frankfurter müssen aufhören, unser kostbares Wasser im Klo runter zu spülen!"
Ein runder Tisch soll Frieden stiftenEin runder Tisch soll nun mit allen von der Wasserversorgung des Rhein-Main-Gebietes betroffenen Behörden, Landkreisen, Kommunen, Initiativen und Wasserverbänden unter der Regie des Umweltministeriums für einen Konsens sorgen. Auch ein finanzieller Ausgleich für Kommunen wie Schotten steht dort auf der Agenda. Schaab hat allerdings Zweifel, ob das Ergebnis tatsächlich zufriedenstellend sein wird.
„Mehr Ausgleich zwischen Stadt und Land findet in der hessischen Landesregierung schon lange nicht mehr statt", sagt Schaab. Die Vertreter der ländlichen Räume haben es parteiübergreifend allein von der Kopfzahl im hessischen Landtag sehr schwer, ihre Interessen durchzusetzen. Frankfurt hat sechs einzelne Landtagsbezirke, der gesamte Vogelsberg nur einen einzigen.
Unabhängig von der wirtschaftlichen Kritik fürchtet Schaab noch ein viel gravierenderes Problem. Es ist völlig unklar, wie viel Grundwasser im Gestein des ältesten Flächenvulkans Europas schlummert und künftig aus Niederschlägen nachgebildet wird, und wie lange Frankfurt von dort wie bisher noch mit Wasser versorgt werden kann. Bereits heute bezieht die Metropole nur 20 Prozent ihres Wassers aus eigenen Ressourcen, während 80 Prozent über Fernwasserleitungen importiert werden. Warum die Stadt Frankfurt schon heute vollkommen abhängig ist von Wasser aus der Region lesen Sie auf Seite 2.