MAINZ - Seit 2013 veranstaltet das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur jährlich den Wettbewerb „Durchschrift". Dabei können junge Menschen zwischen 13 und 23 Jahren Texte zu frei wählbaren Themen einreichen, die von einer Fachjury bewertet werden. Diese wählt aus den etwa 70 bis 100 Einsendungen die vier besten Texte aus, deren Autoren anschließend ein Jahr lang von Mentoren begleitet und dabei unterstützt werden, neue Texte zu schreiben. Anlässlich der Veröffentlichung der vierten Sammlung von ausgewählten Texten aus dem Wettbewerb fand nun eine Lesung der Preisträger statt. „In diesem Jahrgang haben wir viele nachdenkliche, emotionale und persönliche Geschichten", betont Yvonne Globert, die als Vertreterin des Ministeriums den Abend eröffnet.
„Was mir gefällt an ihr, ist ihre intuitive und lebensnahe Art zu schreiben. Ihren Stil kann man wohl als poetische Prosa bezeichnen. Und jeder ihrer Texte ist ein Plädoyer für das Anderssein", schwärmt Ken Yamamoto von seinem Schützling Pauline Fischbach (16). Das Mädchen mit den kurzen blonden Haaren erklärt, dass sie ihren Texten nie einen Titel gibt, um „ihre Breite nicht einzuengen". Ihre Texte und ihre Art des Vortragens erinnert stark an Poetry Slam. In ihren Worten bleibt für den Zuhörer viel von dem, was sie ausdrücken will, verborgen, sie springt von einem Gedankengang zum anderen. Ihren zweiten Text, den sie vorliest, bezeichnet sie als gesellschaftskritisch, er ist ironisch, spielt mit Gegensätzen, erzählt von der „Schönheit" der Großstadt, der Anonymität, der Gleichförmigkeit, der Tristesse. Ihren dritten Text hat sie ohne das Wissen ihres Mentors ausgetauscht. Denn es geht um sie und ihn, wie sie ihre Leidenschaft zum Schreiben entdeckte, ihre Arbeit zusammen, wie er sie von Selbstzweifeln und Unsicherheiten aufbaute.
Die zweite Preisträgerin ist Marisa Christina Rodriguez Moreno (17). Ihre Mentorin Ruth Johanna Benrath ist begeistert von ihrer Wandlungsfähigkeit, von den vielen verschiedenen Gattungen, die sie schon geschrieben hat. Ihr Wettbewerbsbeitrag war eine Parabel, sie schreibt Kurzgeschichten, und sie hat einen 500 Seiten langen Roman geschrieben - trotz Vorbereitung für das Abitur. Daraus offenbart sie dem Publikum jetzt ein Kapitel; dazu eine Kurzgeschichte, die sie schon vor zwei Jahren geschrieben hat. Doch was am meisten im Gedächtnis bleibt, ist ihr Sieger-Beitrag zu einem Schreibwettbewerb des Auswärtigen Amtes zum Thema Europa. Er heißt „Der Traum der Europa". Die Protagonistin, Europa, fühlt sich als Star, kümmert sich nicht um ihre Geschwister, ihren „pummeligen Bruder Deutschland", die „Stiefschwester England, die ausziehen will", „Frankreich, die Petze". Als sie aus ihrem Traum aufwacht, steht ein Populist vor ihr, sie bekommt Angst. Er zerstört das Haus, nimmt ihr Geld und kommt an ihre Eltern, „Volk und Treue", heran. Doch Europa schwört sich, dass der Populist ihre Geschwister niemals bekommen wird.
Die beiden anderen Mentoren, Annegret Held und Jens Schumacher, sind ohne ihre Preisträger da: Annika Hock verbringt ein Freiwilliges Soziales Jahr in Indien und Sarah Schmidt ist krankheitsbedingt ausgefallen. Die Stimmen der Mentoren bringen ihre Worte trotzdem zum Leben. Und so bekommen alle Preisträgerinnen die Wertschätzung, die sie verdient haben.