Rebecca Ciesielski

Journalistin, Berlin | München

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Pokémon in Aleppo

Wie würde Pokémon Go eigentlich in Syrien aussehen, fragt der Künstler Khaled Akil. In anderen Arbeiten vergleicht er Donald Trump und den Islamischen Staat.


Klein, gelb, mit gesenktem Köpfchen und hängenden Schlappohren sitzt Pikachu in einem Trümmerfeld. Noch trauriger als das Pokémon schaut nur der Junge drein, der auf dem Foto über das klettert, was Bomben, Terror und Bürgerkrieg von der einst pulsierenden Stadt Aleppo übrig gelassen haben. In einem anderen Foto hockt ein blaues Pokémon neben einem Kind, als habe sich die Comicfigur neben den Jungen gestellt, um ihn zu beschützen. Der Künstler Khaled Akil hat die Pokémon im Nachhinein in die Fotos montiert. Die Bilder sollen zeigen, was sich der Syrer für seine Heimat wünscht: Normalität, repräsentiert durch ein Spiel, das manchem in Deutschland schon wieder auf die Nerven geht.

Andeutungen einer normalen Welt. Inmitten von Aleppo wirken die bunten Pokémon deplatziert.

„Die Menschen sind müde von den ganzen Kriegsbildern", sagt der aus Aleppo stammende Künstler. Also hat er versucht, sich vorzustellen, wie das Spiel in Syrien aussehen würde. Seit 2012 lebt Akil in Istanbul. Der 30-Jährige war eigentlich nur für eine Vernissage in die türkische Hauptstadt gereist. Als dann unvermittelt die Kämpfe um seine Heimatstadt immer heftiger wurden, entschloss er sich, in der Türkei zu bleiben. Seither kommentiert er die syrische Tragödie von dort aus mit seinen künstlerischen Mitteln. „Ich glaube, die Weltöffentlichkeit will immer noch sehen, was in Syrien passiert und meine Bilder sind die Chance, das mit den Augen der Kunst zu tun", sagt Akil. Dort, wo die Jüngsten nicht mehr aussehen, als würden sie jemals wieder spielen, werden die Monster zu Symbolen einer bunteren, glücklicheren Welt.

In den vergangenen Tagen erlebte der Syrer die Absurdität des globalisierten Internets. [...]



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