Brennstoffzellen-Heizungen erzeugen neben Wärme auch Strom. Damit können sie helfen, die winterliche Stromlücke der Schweiz zu schliessen. Nun sollen die Anlagen billiger werden - und klimafreundlicher.
Wenn uns kalt wird, entfachen wir ein Feuer. Da unterscheidet sich der moderne Mensch mit Gas- oder Ölheizung nicht gross vom altsteinzeitlichen Homo erectus, der sein Lagerfeuer schürt. Doch nach einigen hunderttausend Jahren Menschheitsgeschichte hat dieses bewährte Prinzip Konkurrenz bekommen: Strombetriebene Wärmepumpen zeigen, dass es auch ohne Feuer und Flamme und damit ohne lokale Emissionen geht. Fast jedes fünfte Gebäude in der Schweiz wird so beheizt. Wärmepumpen haben allerdings den Nachteil, dass sie vor allem dann gebraucht werden, wenn die Schweiz ohnehin auf Stromimporte angewiesen ist - im Winter. Anders dagegen Brennstoffzellen-Heizungen, die, ihrem Namen zum Trotz, ebenfalls ohne Verbrennung auskommen: Sie produzieren nicht nur Heizwärme, sondern zugleich auch Strom. In Japan versorgen sie bereits mehr als 200 000 Häuser mit Energie. In Europa dagegen sind bis anhin erst wenige tausend Anlagen installiert, in der Schweiz gerade einmal gut einhundert.
Gute Wahl bei der energetischen SanierungBrennstoffzellen-Heizungen verwenden Erdgas, aus dem zunächst unter Zugabe von Wasserdampf Wasserstoff gewonnen wird (die sogenannte "Dampfreformierung"). Die Brennstoffzelle arbeitet ähnlich wie eine Batterie mit einer Kathode und einer Anode. Auf der Anodenseite sorgt ein Katalysator dafür, dass die Wasserstoffmoleküle ihre Elektronen abgeben. Diese wandern durch einen externen Leiter zur Kathode. Dabei fliesst Strom. Die durch den Elektronenverlust entstandenen Wasserstoff-Ionen bewegen sich durch eine Membran in der Zelle ebenfalls zur Kathode. Dort verbinden sie sich mit Sauerstoff aus der Luft und nehmen auch die Elektronen auf, die sie auf der Anodenseite abgegeben haben. Bei dieser Reaktion entsteht Wasser. Zudem wird Wärme freigesetzt.
Der Vorteil der Brennstoffzellen-Heizungen liegt nicht nur darin, dass sie in Zeiten Strom erzeugen, in denen die Schweiz auf Importe angewiesen ist. Sondern auch darin, dass sie sich, anders als Wärmepumpen, sehr gut für die energetische Sanierung eignen: "Die Anlagen können Gas-Heizkessel in bestehenden Gebäuden ersetzen. Da sie zusätzlich auch Strom liefern, nutzen sie das Erdgas effizienter", sagt Stefan Oberholzer, Brennstoffzellen- und Wasserstoff-Experte beim Bundesamt für Energie. Zwar sei eine solche kombinierte Erzeugung auch in kleinen Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen (WKK) mit Gasmotor möglich. Der elektrische Wirkungsgrad - also der Stromertrag bezogen auf die eingesetzte Menge an Erdgas - sei hier jedoch deutlich geringer. Zudem eignen sich solche Anlagen nur für sehr grosse Gebäude.
Dass Brennstoffzellen-Heizungen in Europa bis jetzt kaum eine Rolle spielen, liegt vor allem an den Kosten. "Die Anlagen bieten einen ökologischen Mehrwert, nicht aber einen wirtschaftlichen. Denn sie sind heute noch deutlich teurer als etwa ein Gaskessel", sagt Ludwig Jörissen, Leiter der Brennstoffzellentechnik am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg. Die heute in Europa angebotenen Anlagen stammten aus Kleinserienfertigungen, bei der viel Handarbeit nötig sei. "Das treibt die Preise in die Höhe", so Jörissen.
Um Anreize für den Aufbau einer industrialisierten Fertigung zu setzen, hat die EU-Kommission zusammen mit der Industrie ein neunzig Millionen Euro schweres Förderprogramm aufgelegt. Mit dessen Hilfe sollen bis 2021 in elf europäischen Ländern, darunter die Schweiz, insgesamt 2500 Brennstoffzellen-Heizungen installiert werden. Auch die Weiterentwicklung der Anlagentechnik soll das Heizen mit Brennstoffzellen attraktiver machen. So hat die Winterthurer Firma Hexis, eine Tochter des deutschen Wärmetechnik-Anbieters Viessmann, kürzlich ein neues System vorgestellt, das rund fünfzig Prozent mehr Wasserstoff aus dem eingesetzten Erdgas holt. "Damit steigern wir den elektrischen Wirkungsgrad auf über fünfzig Prozent", sagt Andreas Mai, Forschungsleiter von Hexis. Der italienische Hersteller Solidpower, der in Yverdon am Neuenburgersee ein Entwicklungszentrum unterhält, kommt mit seinen neuen Anlagen gar noch über diesen Wert hinaus.
Saisonale SpeicherungEmissionsfrei ist der Strom, den die Brennstoffzellen-Heizungen produzieren, allerdings nicht, solange sie den Wasserstoff aus Erdgas gewinnen. Eine grüne Alternative entwickelt derzeit die Hochschule für Technik Rapperswil (HSR): Forscher arbeiten dort an einem System, das klimaneutralen Wasserstoff für Brennstoffzellen erzeugt, indem es Aluminium in einer wässrigen Lösung oxidieren lässt. Bei dieser sogenannten Hydrolyse wird neben Wasserstoff auch Wärme freigesetzt, die zum Heizen verwendet werden kann. Das entstandene Aluminiumhydroxid lässt sich dann später nach einem Zwischenschritt in einem metallurgischen Prozess (der "Schmelzfluss-Elektrolyse") unter Einsatz von Strom aus regenerativen Quellen wieder zu reinem Aluminium aufbereiten. Das Metall dient damit als saisonaler Energiespeicher: Das Laden erfolgt im Sommer, wenn Solar- und andere Erneuerbare-Energien-Anlagen viel Strom bereitstellen. Die Energie bleibt dann im Aluminium bis zum Winter ohne Verluste chemisch gebunden. "Unser System macht es möglich, sommerliche Photovoltaik-Überschüsse im Winter zum Heizen zu verwenden und dazu noch etwas Strom zu erzeugen", sagt Michel Haller, Forschungsleiter des Instituts für Solartechnik der HSR.
Laut Haller genügt ein Aluminiumspeicher von der Grösse einer Waschmaschine, um ein gut gedämmtes Einfamilienhaus einen Winter lang mit Wärme und Strom zu versorgen. Die Kosten dafür sollen ähnlich hoch liegen wie bei einer konventionellen Versorgung mit Ölkessel und dem Bezug von Strom aus dem Netz. Während die Hydrolyse im Haus selbst geschieht, erfolgt die Elektrolyse zentral in einer Industrieanlage. "Wir schätzen, dass für die ganze Schweiz drei oder vier solcher Anlagen nötig sind", sagt Haller. Nachdem die Forscher im Labor nachgewiesen haben, dass die Hydrolyse in dieser Form funktioniert, konzentrieren sie sich jetzt in Rapperswil auf die Koppelung des Prozesses mit einer Brennstoffzelle. Eine weitere Baustelle ist die Weiterentwicklung der Schmelzfluss-Elektrolyse. Hier kooperieren die Wissenschafter mit Aluminiumherstellern und Forschungsinstituten im Ausland.