In den 7-Eleven geht man zum Geld abheben, um Dokumente zu drucken, für ein schnelles Abendessen oder zum Frühstück nach einer durchfeierten Nacht. Das dichte Netz der Mini-Supermärkte ist in Taiwan fester Bestandteil des Alltags. Zum Neujahr gibt es besonders exquisite Mikrowellengerichte, Schokolade am Valentinstag, Mondkuchenboxen zum Mittherbstfest. Auf den Bildschirmen oberhalb der Kasse sehen Kunden die aktuellen Sonderangebote.
Anfang August dieses Jahres fanden sich auf den Displays zahlreicher Filialen im ganzen Land aber plötzlich ganz andere Botschaften:
"Nancy Pelosi, du Kriegstreiberin, hau ab aus Taiwan!" stand dort, daneben ein Foto der US-Politikerin mit aggressivem Gesichtsausdruck.
"Der Besuch der alten Hexe ist eine ernsthafte Provokation gegenüber der Souveränität des Mutterlandes", prangte wiederum am Bahnhof der südtaiwanischen Grossstadt Kaohsiung auf einer grossen Anzeigetafel in roten chinesischen Schriftzeichen. Über jene, die sie willkommen geheissen hätten, werde die Gesellschaft richten, hiess es weiter. "Gross-China wird am Ende vereint sein!"
Die 7-Eleven-Bildschirme waren gehackt worden, und diese gross angelegten Hacks anlässlich des Besuchs der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses kamen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus China. Bereits am Vortag waren Websites der taiwanischen Regierung angegriffen worden und wiederholt nicht erreichbar gewesen.
Ein Rückschlag für Taiwan, das sich nach aussen als gegen jeden Angriff gerüsteten, entschlossenen Staat darstellen möchte. Besonders für eine Figur sollten die kommenden Wochen und Monate zu einem Bewährungstest werden: für Audrey Tang, die Chefin des Digitalministeriums, das wenige Wochen nach den Cyberangriffen neu gegründet worden war.
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