Einmal zu lange draußen stehen gelassen und schon ist das Fahrrad weg. Aber was wäre, wenn man sich sein Fahrrad einfach selbst zurückholen könnte? Unsere Autorin Pia Rauschenberger hat den Versuch gemacht - mit Freunden und der Hilfe der Technik.
Wir treffen uns an der S-Bahnhaltestelle Adlershof in Berlin. Marina wartet in einem Auto mit Dachgepäckträger. Sie ist offenbar guter Dinge. Zu viert machen wir uns auf den Weg. Nach Polen. Dort wollen wir Marinas Fahrrad suchen, das genau hier an der S-Bahn geklaut wurde.
Ist das eigentlich dein einziges Fahrrad, was wir gerade suchen? Oder hast du noch ein anderes?
Fahrrad mit Peilsender
Marinas Freund Mirko hat ihr Fahrrad mit einem Peilsender ausgestattet. Er und zwei Freunde haben gerade ein Patent für solche Geräte angemeldet, die helfen sollen, geklaute Räder wiederzufinden. Der Prototyp, der im Rahmen von Marinas Fahrrad versteckt ist, scheint zu funktionieren. Mirko hat ein Signal in Posen, knapp drei Stunden entfernt von Berlin.
Navigationsgerät: "Fahren Sie 128 Kilometer..."
Habt ihr eigentlich gar keine Angst was uns da erwartet? Was glaubt ihr denn, was uns da erwartet?
Da gibt es zum Beispiel eine Eisensäge. Alexej hat einen Laptop mit einer großen Antenne mitgebracht. Auch sonst sind die Freunde extrem gut organisiert. Kurz vor Posen machen wir eine Pause, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Marina breitet mehrere Karten auf dem Picknicktisch aus.
Auf der Karte sind rote Prozentzahlen zu sehen. Sie stehen für die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Fahrrad an einem Ort befindet. Das Signal ist relativ unpräzise, wir stellen uns auf eine längere Suche ein.
Zurück im Auto packt Alexej seinen Laptop aus und schließt die Antenne an.
Auf dieser Liste suchen wir nach den W-Lan-Netzen, die der Peilsender in seiner Nähe verortet. Wenn wir eins von ihnen finden, wissen wir: weit kann das Fahrrad nicht sein.
Wir fahren langsam durch einen kleinen Ort in der Nähe von Posen. Die Straßen sind holprig, kaum jemand ist draußen zu sehen. Es fühlt sich an wie in einem Fünf-Freunde-Buch, als seien wir Detektive. Nach über einer Stunde haben wir endlich eine Spur.
- "Ich weiß nicht, ob es das richtige ist, aber ich hab szybszybnet.DDCC6" - "Ja." - "Und Fahrrad 7!" - "Ja! Oh.. Ok, jetzt..." - "Tür zu! Tür zu!" - "Wir fahren erstmal weiter" - "Tür zu!" - "Kennt ihr den Film Hostel?" - "Ich will nicht aussteigen!" - "So, wir müssen jetzt aussteigen um hier die..." - "Ich will hier nicht raus. Ich will hier auch nicht alleine bleiben."
Das einzige Lebenszeichen: Hunde, die bellen, als ob sie nur auf uns gewartet hätten. Mirko läuft mit seinem Pad zwischen den Häusern hin und her. Alexej und ich folgen ihm etwas zögerlich.
Die meisten Häuser an der Straßenkreuzung sehen bürgerlich aus. Eine Lagerhalle gibt es nicht. Dafür einige Garagen, eine Lagerfeuerstelle mit leeren Bierdosen und viele Hundehütten.
Eine junge Frau kommt aus einem Haus mit einem gut gepflegten Vorgarten. Sie ist etwa Ende zwanzig und trägt ein elegantes Halstuch.
Die junge Frau verschwindet wieder. Aber Mirko ist sich sicher: Es muss ihr Haus sein. Wir klingeln noch einmal. Diesmal erscheint eine ältere Frau am Tor. Wir erklären ihr, dass wir einem Signal bis zu ihrem Haus gefolgt sind, zeigen auch ihr das Foto von Marinas blauem Rad.
Wir setzen uns wieder zu Marina ins Auto, berichten von dem Gespräch mit der Frau: Ihr Ehemann habe ein Fahrrad auf einem Flohmarkt gekauft. Wir sollen warten, bis er wiederkommt, sie selbst wisse von nichts.
Nach ein paar Minuten sehen wir, wie die ältere Frau im Schuppen neben dem Haus verschwindet. Als sie wieder herauskommt, schiebt sie Marinas Fahrrad.
Drinnen servieren uns die beiden Frauen Tee. Die Mutter wirkt immer noch angespannt, ihre Tochter aber muss über diese Deutschen lachen, die einem Peilsender bis nach Polen folgen. Sie gibt uns Tipps für die weitere Tagesgestaltung - jetzt, wo wir schon mal da sind. Der Hund wirbelt zwischen unseren Beinen hin und her:
Selbst Gutcha wirkt plötzlich gar nicht mehr so gefährlich. Die Stimmung entspannt sich. Wer hätte das heute Morgen gedacht ...