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Gamescom in Köln: Warum 34 Millionen in die Welt der Spiele abtauchen

Von ADNAN AKYÜZ, PHILIP BUCHEN und ANNIKA SCHMIDT

Gamescom in Köln: Der Gipfel der Daddel-Fans. Foto: Getty Images/iStockphoto

Köln -

Daddeln - am besten die ganze Nacht lang. Die Faszination Computerspiele mit ihren fremden Welten breitet sich immer weiter aus. Die Zocker werden immer mehr. Und wer glaubt, nur jüngere Generationen daddeln, der irrt. Ab Mittwoch werden Tausende in Köln in langen Schlagen stundenlang warten, nur um für ein paar Minuten die neue Variante des Lieblingsspiels zu testen. Dann startet die Gamescom.

Deutschland total verdaddelt. Laut des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) gibt es insgesamt 34,3 Millionen Zocker in Deutschland. Kurios: Die über 50-Jährigen stellen dabei mit 6,7 Millionen den Löwenanteil der regelmäßigen Gamer dar.

Das Gamer-Fieber ist sogar ein enormer Wirtschaftsfaktor. Laut Bundesverband der deutschen Games-Branche betrug der Umsatz von Computerspielen im vergangenen Jahr 2,65 Milliarden Euro. Für 2015 wird ein Umsatz von 3,27 Milliarden Euro prognostiziert. Zum Vergleich: Laut der deutschen Fußball Liga (DFL) hat die Bundesliga in der Saison 2013/14 einen Umsatz von 2,45 Milliarden Euro erzielt.

Deutschland im Daddel-Fieber - woran liegt's? „Im Gaming kann man vergleichsweise schnell große Erfolge sammeln. Mit entsprechendem Einsatz kann man in etwas mehr als einem Jahr zur Spieler-Elite gehören", sagt Ulrich Schulze, Leiter der Profi-Abteilung bei der Kölner Zocker-Vereinigung ESL.

Die Ursachen der deutschen Spielelust untersucht Professor Ingo Froböse (58) an der Deutschen Sporthochschule in Köln. ,,Diese Faszination ist Teil des allgemeinen gesellschaftlichen Trends der Singularität: Wir spielen alle immer mehr nur noch mit uns selbst", sagt er. Froböse ist sicher: Statt Anerkennung im Alltag zu suchen, erkämpfen sich immer mehr Deutsche ihre Erfolgserlebnisse lieber vor dem heimischen Bildschirm.

Reizfaktor Zocken an der Konsole - immer länger spielen, immer neue Abenteuer erleben. Kann die Jagd nach Punkten krank machen? Das Zocken an der Konsole - für Professor Froböse ein echter Sport: ,,Beim Gaming machen Top-Spieler bis zu 400 Bewegungen pro Minute mit der Hand - das führt zu starken Belastungen in den Finger- und Handgelenken, viele leiden unter Entzündungen in den Gelenken."

Mit einem Team von Sportwissenschaftlern organisiert Froböse Fitnesskurse für Profi-Gamer: Ausdauer, Konzentration, Körperhaltung - fast jeden Aspekt will der SpoHo-Dozent bei den Daddlern verbessern. Er ist sich sicher: „ Es wird nicht mehr allzu lange dauern, dann werden auch E-Sportler an den Olympischen Spielen teilnehmen. Der gesellschaftliche Druck ist einfach zu groß."

Vielleicht hängen die Herzen vieler Zocker wohl tatsächlich weniger an einem einzelnen Spiel, sondern an den Erfahrungen, die sie damit gemacht haben: Freundschaften entstanden, Beziehungen wurden beendet, der erste Job, die neue Stadt - das Leben ging immer weiter, die Faszination Gaming ist geblieben.

Pro - EXPRESS-Reporter Philip Buchen (22)

Kontra - EXPRESS-Reporter Adnan Akyüz (27)

Gaming gehört zu meiner jungen Generation einfach dazu! Ich erinnere mich: Irgendwann im Kindergarten schleppte die Kindergärterin einen Computer an. Lernspiele sollten wir darauf spielen, unseren Wortschatz erweitern und im Internet die Welt entdecken.

Ab diesem Tag war es um uns geschehen: keine Langweile mehr an Regentagen, plötzlich war für uns immer etwas zu tun! Klar: Mit dem Älterwerden blieb es nicht bei den Lernspielen, der Spaßfaktor rückte immer mehr in den Vordergrund. Am Abend traf man sich mit Freunden zum gemeinsamen Daddeln, auf dem Schulhof wurden die neuesten Spielehits diskutiert. „Nerds" waren wir nie, Zocken gehört für uns einfach zum Feierabend wie Fußball, Tanzen, Lachen.

Das Leben findet auf der Straße statt. Und Freundschaft im echten Leben. Ähnlich wie bei sozialen Medien, rühmen sich Jugendliche mit ihren Erfolgen bzw. Followern im Internet oder eben aus der Spiele-Welt. Und umgekehrt sind sie die Looser, wenn dem nicht so ist.

Obwohl Computerspiele ein toller Zeitvertreib sind, verbringen wir mehr und mehr Zeit mit ihnen. Oft wird dabei eines vergessen: Wenn die Geräte ausgeschaltet sind, ist niemand mehr da.

Da freut man sich auf die Entwicklung der Spiele-Szene, wo Gamer-Treffen oder Messen wie die Gamescom, zum gesellschaftlichen Highlight werden. Gäbe es diese Ereignisse nicht, würden Chatrooms und Fantasiewelten zum alleinigen Treffpunkt von Gamern werden.

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