Patrick Wehner

Editor & Reporter @SZ | Burns '21 @NewYorkTimes, München

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So sieht der Protest in Baltimore ausFot...

So sieht der Protest in Baltimore aus

Fotos sind mächtig. Sie können den Lauf der Geschichte beeinflussen, Teil des kollektiven Gedächtnisses werden, inspirieren. Devin Allen ist 23 Jahre alt und in Baltimore aufgewachsen. Seit Beginn der Proteste macht er Bilder und stellt sie auf Instagram. Sie zeigen ein sehr menschliches Baltimore. Und eines, das schon viel zu lange leidet.

Devin Allens Bilder sind vor allem durch die Nähe zu den Menschen in seiner Stadt geprägt. Allen ist einer von ihnen. Schwarz, mit Kriminalität aufgewachsen, mit der rassistischen Behandlung durch weiße und schwarze Polizisten. Vielleicht ist das einer der Gründe, weswegen ihm die Menschen dort gestatten, teilweise sehr intime Bilder von ihnen zu machen. Allen, der sich das Fotografieren selbst beigebracht hat, sagt in einem Interview mit dem Online-Magazin Fusion, er sei in seinem Leben schon auf beiden Seiten des Zauns gestanden. Habe das Positive gesehen, aber noch mehr Negatives.

Mit Schule und Job habe er es versucht, aber das hat nicht geklappt. Die Stadt, so wie er sie kennt, sei voll von einer unheimlich großen Negativität. Crack, Heroin, Gangs wie die Bloods und Crips, Morde, Schießereien, Arbeitslosigkeit. Ein Sumpf.

"Hier aufzuwachsen ist sehr anstrengend. Wenn man kein starkes Umfeld hat, dann kann man sich ganz schnell in so manchen Dingen verlieren", sagt Allen in dem Interview. Er sei bei seiner Mutter groß geworden, das sei eigentlich okay gewesen. Aber er habe sich schon immer zur Straße hingezogen gefühlt. Dort waren seine Freunde, dort fand das Leben statt. Und auch der Tod. "Zwei meiner besten Freunde wurden auf der Straße ermordet." Dass ihm nicht das gleiche Schicksal widerfahren sei, habe daran gelegen, dass er an diesen Tagen zufällig unterwegs war. Um Fotos zu machen.

Mit seiner Kamera entdeckte Allen eine andere Welt. Beim Fotografieren traf er Menschen, die so anders waren, als er es gewohnt war. Maler, Künstler, starke, schwarze Persönlichkeiten, wie er sagt. Viele von denen seien zwar nicht in Baltimore aufgewachsen, aber sie hätten die Probleme verstanden. Ohne sich von ihnen verschlucken zu lassen. "Bei uns im Viertel hieß es immer gleich: Wenn Du nicht von hier bist, können wir nichts mit Dir anfangen".

Schon vor dem Tod Freddie Grays, bei Eric Garner und Trayvon Martin, gab es Proteste in der Stadt. Auch damals machte Devin Allen Bilder von den Menschen. Warum? "Weil es genausogut auch mich hätte treffen können."

Allen will, dass es nicht nur die Bilder von Gewalt sind, die im Gedächtnis bleiben. Nicht dieser ewige Kreislauf von Negativität.

Quelle: Fusion

Patrick Wehner (@pawehner)

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