Patrick Wehner

Editor & Reporter @SZ | Burns '21 @NewYorkTimes, München

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Heimtiermesse: Katzen-Koks und Superman-Krebse

Halsbänder für den Hund. Manche werden auch von Menschen getragen. Foto: Klaus Haag

Eigentlich verkauft Stefan Wnuczko Halsbänder für Hunde. Große aus Leder, mit spitzen Nieten drauf. Für die schweren Kaliber. Oder kleine Halsbänder mit Zirkonia-Steinchen. Für die zierlichen Vierbeiner. Eigentlich.

Stefan Wnuczko steht an seinem Stand auf der Heimtiermesse. Auf dem Boden neben ihm schläft „Iron", sein Hund. Eine amerikanische Bulldogge, auf deren runzeliger Stier auch ein großes „Obacht, Spezi!" stehen könnte. Stefan Wnuczko schiebt mit dem Finger seine Mütze ein wenig nach oben, grinst und sagt in breitem Berliner Dialekt: „Die Halsbänder verkofen wir och für den Sado-Maso-Bereich." Als Sexspielzeug. 35 Euro kostet das Nietenhalsband für die Frau, das für den Mann ist in der Regel ein wenig teurer. Im Internet sind die der Renner. „Det Jeschäft läuft super."


Auf der Heimtiermesse am Gelände der „MTC world of fashion" in Milbertshofen werden also nicht nur Accessoires für Tiere verkauft - es wird eben auch mit falschen Vorstellungen aufgeräumt. Und mit Vorurteilen. Zum Beispiel diesem: Katzen sind klüger als Hunde. Den Beweis, dass diese These bröckelt, gibt es ein paar Meter weiter. An einem Stand mit Katzen-Spielzeug. Auf dem Boden steht ein Teller, auf dem magnetisch ein gelber Ball im Kreis läuft. Der Apparat heißt „Kitty-Go-Round". Eine Verkäuferin sagt: „Katzen spielen damit stundenlang." Das heißt, die Katzen laufen dem Ball nach. Sie können gar nicht anders. Immer im Kreis. Der gelbe Ball ist für die Katzen das, was für die Hunde das Stöckchen ist.


Wird die Katze irgendwann müde, können kleine Baldrian-Kissen helfen. Die gibt es am nächsten Stand. Einer der Verkäufer dort sagt: „Da stehen die Katzen drauf, der Geruch macht sie ganz kirre. Das ist für Katzen wie Koks."


Auf der Heimtiermesse gibt es Dinge, die es in der normalen Welt eigentlich nicht gibt. Einsiedlerkrebse mit dem Superman-Logo auf dem Gehäuse. Weiße Perser-Kater in rosa Kinderwagen. Oder riesige Hundehütten mit Parkettboden, automatischer Schiebetür und Klimaanlage. Michael Raaf baut und verkauft solche Luxus-Hütten. Vor ein paar Jahren hat der gelernte Anlagenbauer im Fernsehen eine Doku über exklusive Hundehütten gesehen. Raaf dachte sich, er kann das besser. „In München gehen die Hütten mittlerweile ganz gut", sagt er. Neben hübschem Parkettboden und Webcam in der Hütte sehr beliebt: Der Nachbau vom Haus des Hundebesitzers. Der Preis geht bei 1800 Euro los und ist nach oben komplett offen. Kein Wunsch ist zu ausgefallen. Der Kunde ist König.


Auf der anderen Seite der Messehalle steht Klaus von Halem. Bei ihm ist die Katze König. Von Halem trägt eine schicke Brille mit schwarzem Rahmen, vor ihm auf dem Tisch steht ein Macbook. Links und rechts daneben: Katzenklos. Weiße, schwarze, goldene. Und zwar nicht aus Plastik - sondern aus Emaille und eloxiertem Alu. Deutsche Ingenieurskunst im Dienste der Katze. Klaus von Halem sagt: „Da stinkt nichts." Der Name der Neuerfindung des Katzenklos: Katchit. Eigentlich besitzt von Halem aber eine Firma, die Emaille-Schilder herstellt. Eigentlich.

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