Mehr Klicks dank eigener Klubs So mischen Influencer den Amateurfußball auf
Internethelden wie Trymacs und Elias Nerlich haben eine neue Content-Quelle entdeckt: Auf YouTube läuft jetzt regelmäßig Kreisliga. Was dahintersteckt - und warum Trymacs neulich im Gefängnis kickte.
Wenn die Eintracht Fuhlsbüttel ihre Gegner in "Santa Fu" empfängt, sind das normalerweise vor allem für die Gästeteams besondere Spiele. Denn das Heimteam aus der Kreisklasse B ist eine Knastmannschaft - und "Santa Fu" ist die Hamburger Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel. Wer hier antritt, trifft auf Dealer, Gewalttäter und Mörder. Ohne Publikum, aber streng bewacht. Eine Chance bei der Eintracht mitzuspielen habe, wer sich in der JVA ein halbes Jahr lang nichts zu schulden kommen lasse und wer in Gesprächen und beim Training überzeuge, sagt ihr Coach Steve Gregor. Für welche Straftat jemand im Gefängnis sitze, spiele keine Rolle.
Den Ascheplatz auf dem JVA-Gelände umgeben hohe Zäune, Stacheldraht und Mauern. An diesem Sonntagmorgen im September regnet es in Strömen, auf dem Platz bilden sich Pfützen. "Santa Fu, Santa Fu, Santa Fu", feuert ein Häftling aus seiner Zelle an. Ein anderer dreht seine Musikbox auf: "Lass die Affen aus'm Zoo" von Haftbefehl dröhnt aus dem Fenster.
Doch so cool sich die Knackis geben, manche wirken etwas nervös. Denn diesmal ist auch die Auswärtsmannschaft eine besondere. Auf dem Papier ist sie nur die achte Herrenauswahl des SC Victoria Hamburg. Praktisch aber ist das Team gespickt mit Webstars, darunter "Trymacs", ein Streamer mit 2,1 Millionen Abonnenten auf YouTube und 3,1 Millionen Followern auf Twitch.
Influencer zu Gast im Knast? Was wirkt wie plumpe Klickjagd, ist in Wahrheit ein skurriler Seitenaspekt eines größeren Webvideo-Trends. Denn in manchen Großstädten wie Hamburg, Düsseldorf und Berlin mischen in den unteren Fußballligen mittlerweile Content-Creator mit - mit Spielplänen, die zumindest in Hamburg auch mal in die JVA führen (wo übrigens keine Videoclips gedreht werden dürfen).