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Krank durch Hitze: Hohes Gesundheits-Risiko für Großstädter

Der Schweiß rinnt von der Stirn, das Laken klebt - gerade in großen Städten leiden Menschen bei hohen Temperaturen. Das kann nicht nur nerven, sondern auch schlimme Folgen haben.

Wenn die Wohnung auch nachts nicht abkühlt, die nackte Haut beim Anfassen von Beton förmlich brennt und einen schon das Nichtstun erschöpft, weiß man: Der Hochsommer ist da. Ganz besonders spürbar ist er in Großstädten wie Berlin. Dabei ist Hitze nicht nur enorm anstrengend - sie kann auch krank machen oder sogar tödlich sein.

Das Problem: Wärmeinseln in den Städten

Deshalb hat ein neues Aktionsbündnis Hitzeschutzpläne für das Gesundheitswesen in Berlin entwickelt, um Menschen vor gesundheitlichen Folgen extremer Hitze zu schützen. Die Pläne sollen am heutigen Montag vorgestellt werden. Ähnliche Konzepte gibt es bereits in Köln und Mannheim.

Aber warum haben Großstädter ein erhöhtes Risiko, an gesundheitlichen Hitzefolgen zu leiden? Laut Jürgen Kropp, Leiter der Forschungsgruppe Urbane Transformation am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in Potsdam, liegt das unter anderem am sogenannten urbanen Wärmeinseleffekt.

Denn der Beton speichert Wärme besser als natürliche Materialien. Weil Wärme immer von einem wärmeren zum kälteren System fließt, wird sie etwa von aufgeheizten Gebäuden an die Umgebungsluft abgegeben, sobald die Temperaturen abends sinken.

Dann herrscht in Innenräumen, aber auch in Großstädten generell selbst nachts eine höhere Temperatur als auf dem Land. Bei Hitzewellen schwinden so die Chancen auf Erholung für den Körper.

Behörden gehen von deutlich mehr Toten durch Hitze aus

Das Umweltbundesamt verweist auf seiner Webseite auf Modellrechnungen, die für Deutschland prognostizieren, "dass zukünftig mit einem Anstieg hitzebedingter Mortalität von 1 bis 6 Prozent pro einem Grad Celsius Temperaturanstieg zu rechnen ist, dies entspräche über 5.000 zusätzlichen Sterbefällen pro Jahr durch Hitze bereits bis Mitte dieses Jahrhunderts".

Zwar gibt es laut Robert Koch-Institut (RKI) kein bundesweites Überwachungssystem, das die Zahl hitzebedingter Sterbefälle in ganz Deutschland erfasst. Berlin und Hessen schätzten 2018 nach RKI-Angaben aber die Hitzetoten: Demnach starben in der Hauptstadt rund 490 Menschen aufgrund der Hitzeeinwirkung, etwa 740 waren es in Hessen.

Ältere Menschen besonders betroffen

Ganz besonders betrifft das die älteren Menschen, sagt die Ärztin Nathalie Nidens, die bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (Klug) in Berlin im Bereich Hitzeschutz tätig ist. Das zeigen auch die Schätzungen des RKI zu den Zahlen aus Hessen und Berlin von 2018:

Während dort insgesamt rund 12 von 100.000 Menschen wegen Hitze starben, waren es in den Altersgruppen der 75- bis 84-Jährigen etwa 60 von 100.000 und bei den über 84-Jährigen sogar rund 300 von 100.000.

Der Grund liegt auf der Hand: Das habe ganz mit dem natürlichen Alterungsprozess zu tun, sagt Nidens. Ältere Menschen hätten ein geringeres Durstgefühl, ihr Kreislaufsystem sei nicht mehr so leistungsfähig. Hinzu komme der soziale Aspekt. Viele Ältere lebten allein und hätten niemanden, der ihnen während der Hitzewellen helfen könnte, sagt Klug-Mitarbeiterin Jelka Wickham. Besonders betroffen seien aber auch die vielen wohnungslosen Menschen in Berlin, Schwangere, Säuglinge, Kleinkinder und Vorerkrankte.

Hitze-Auswirkungen können bis zum Tod führen

Die Bandbreite der gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze ist groß. Sie reiche von Schwindel und Erschöpfung über Schwellungen an Füßen und im Extremfall auch bis zum Tod, erläutert Ärztin Nidens.

Nun stellt sich also die Frage: Was können die besonders betroffenen Großstädte tun? "Ein Aspekt ist sicherlich, die Städte mit Vegetation zu versehen", sagt PIK-Professor Kropp. Denn Pflanzen - insbesondere Bäume - verdunsten Wasser und kühlen so ihre unmittelbare Umgebung.

Holzbauten und Getränkespender

Als eine weitere Maßnahme nennt Kropp den Holzbau. Holz sei ein Isolator und gebe so etwa die aufgenommene Wärme nicht so stark in Innenräume ab. Damit könne man etwa Bürogebäude bauen, die höher sind als 80 bis 100 Meter.

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