Oliver Weber

Student / Autor, Regensburg

2 Abos und 2 Abonnenten
Artikel

Ellipsen und Pfeile

Politikwissenschaft, das ist eine empirische Wissenschaft. Diese in Anwesenheit von wissenschaftlichen Neulingen stets ermahnend auszusprechende Formel bekamen wir oft zu hören, als ich vor etwa einem Jahr mit fünf Kommilitonen in einem Bachelorkolloquium saß. Die Veranstaltung sah vor, dass wir gemeinsam mit unserem Professor für Politikwissenschaft Themen für unsere Bachelorarbeit erarbeiteten, diskutierten und die Mitanwesenden regelmäßig über den Stand unserer Untersuchung informierten. Die Universität hatte eine bis zum Reduktionismus reichende klare methodische Ausrichtung, so dass von Vornherein feststand, in welchen Bahnen wir uns zu bewegen hatten. Das nicht so heimliche triadische Motto unserer Fakultät – analytisch, empirisch, quantitativ – duldete keine Abweichung. Und wer hätte schon abweichen können angesichts einer Ausbildung, die nichts anderes in das Curriculum aufnahm? Also näherten wir uns pflichtbewusst, das heißt empirisch-analytisch und mit allen möglichen Quanta im Kopf, unserer jeweiligen Fragestellung. »Ich würde gerne über den Zusammenhang von politischer Sozialisation und rechtspopulistischen Einstellungen schreiben«, lautete etwa ein Vorschlag. »Haben Sie dafür einen Datensatz?« lautete die Frage unseres Professors. Bis uns alle Überreste qualitativer oder gar normativer Flausen ausgetrieben waren, vergingen ein oder zwei Wochen. Als jeder eine empirisch-quantitativ bearbeitbare, streng analytisch interessierte Fragestellung gefunden hatte, waren wir so weit, eine andere Welt betreten zu dürfen. Sie wurde »Digraph« genannt.

https://volltext.merkur-zeitschrift.de/?url_ver=Z39.88-2004&rft_val_fmt=info:ofi/fmt:kev:mtx:journal...

Zum Original