Ein Studium macht nicht immer reich. Aber manchmal schon. Ein Überblick über aktuelle Studien zur Bildungsrendite akademischer Ausbildungen
Wer sind die Spitzenverdiener auf dem Arbeitsmarkt? Ingenieure oder IT-Experten, die wegen der Digitalisierung überall gefragt sind? Eine Studie des Münchener ifo Instituts kommt zu einem anderen Ergebnis: Die lukrativsten Studienfächer sind Human- und Zahnmedizin. Die Wissenschaftler haben Daten von 1,1 Millionen Menschen im Alter von 18 bis 65 Jahren ausgewertet, um herauszufinden, welche Lebenseinkommen mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen und Studienfächern erreicht werden. Männliche Mediziner verdienen demnach in ihrem Arbeitsleben durchschnittlich 1,6 Millionen Euro netto. Auch bei den Frauen liegen die Medizinerinnen mit einem Lebenseinkommen von rund 1,2 Millionen Euro an der Spitze. Zum Vergleich: Eine Gymnasial- oder Berufsschullehrerin verdient bis zur Rente rund 880.000 Euro, eine Wirtschaftswissenschaftlerin 850.000 Euro, eine Architektin 700.000 Euro.
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: In die eigene Bildung zu investieren lohnt sich in den allermeisten Fällen. Denn Absolventen von Hochschulen verdienten in ihrem Leben im Durchschnitt einige Hunderttausend Euro mehr als Menschen, die eine Berufsausbildung abgeschlossen und nicht studiert haben. Und man muss kein Topverdiener sein, damit ein Hochschulstudium sich rentiert. Auch Kulturwissenschaftler und Sozialarbeiter, die auf den unteren Plätzen der Einkommensskala liegen, erreichen im Schnitt ein höheres Lebenseinkommen als Nichtakademiker.
Hohe
Durchschnittswerte beim Lebenseinkommen schließen allerdings nicht aus,
dass viele Menschen trotz Hochschulabschluss kaum mehr als den
Mindestlohn bekommen. Fast jeder zehnte abhängig beschäftigte Akademiker
verdiente 2015 weniger als 10,22 Euro pro Stunde – so das Ergebnis
einer Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der
Universität Duisburg-Essen.
Dass
Hochqualifizierte im Niedriglohnbereich arbeiten, sei "absolut nichts
Ungewöhnliches", sagt Claudia Weinkopf, stellvertretende
geschäftsführende Direktorin des IAQ. Absolventen, die nach dem
Studienabschluss keine adäquate Stelle finden und im Callcenter jobben;
alleinerziehende Frauen, die mangels Alternativen schlecht bezahlte
Teilzeitjobs annehmen; Menschen über 50, die nach einer Arbeitslosigkeit
als Geringverdiener bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigt sind. "Bei vielen
ist die Beschäftigung im Niedriglohnbereich nur eine vorübergehende
Phase", sagt Weinkopf. Doch je länger diese Phase dauere, desto
schwieriger sei es, später in eine besser bezahlte Stelle zu wechseln.
Die Unterschiede
Wie viel jemand verdient, hängt aber nicht nur von der persönlichen Lebenssituation und Qualifikation ab. Auch externe Faktoren wie Region, Branche und Unternehmensgröße spielen eine Rolle. Im Süden und Westen sind die Einkommen höher als in Ostdeutschland, und in industriellen Ballungsgebieten höher als auf dem Land. In der Industrie verdient man meist mehr als im Kultur- und Medienbetrieb, und große Konzerne zahlen in der Regel höhere Gehälter als kleine Mittelständler.
Beträchtliche Gehaltsunterschiede gibt es schon beim Berufseinstieg.
Während ein Trainee in manchen Unternehmen ein Bruttojahresgehalt von
rund 50.000 Euro bekommt, muss ein Volontär in einem Museum mit weniger
als der Hälfte zurechtkommen. Im Durchschnitt verdienen
Hochschulabsolventen in ihrem ersten Berufsjahr 43.500 Euro, das hat die
Jobbörse Stepstone ausgerechnet.
Auch bei den Abschlüssen gibt es Unterschiede. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat die Bruttogehälter von 25-jährigen Akademikern verglichen und festgestellt, dass Masterabsolventen monatlich 150 Euro mehr bekommen als Bachelorabsolventen. Mit den weiteren Berufsjahren wächst der Gehaltsunterschied: Bei den 34-Jährigen beträgt der Abstand 500 Euro.
Doch egal ob Bachelor oder Master – auf dem Arbeitsmarkt haben Hochschulabsolventen die besten Chancen. Die Wissenschaftler des ifo Zentrums für Bildungsökonomik haben festgestellt, dass die Arbeitslosenquote bei Menschen ohne Berufsausbildung zwischen 1976 und 2013 von 4 auf 19 Prozent gestiegen ist; bei Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung von 3 auf knapp 7 Prozent. Bei Hochschulabsolventen hat sie sich nur von 1,5 Prozent auf 2,5 Prozent erhöht. Ein Universitätsabschluss macht vielleicht nicht jeden reich, aber er schützt vor Arbeitslosigkeit.