Nora Koldehoff

Freie Autorin / Freie Journalistin, Köln

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Wem gehört Lila?

Rozbeh Asmani (Bild: Tamara Soliz)

Der Künstler Rozbeh Asmani setzt sich seit einigen Jahren mit Farben auseinander, auf die Firmen aus Marketinggründen einen rechtlichen Anspruch und Schutz erhoben haben. In seinem Buch "72 Colourmarks" zeigt er das Spektrum der geschützten Farben, die aktuell auch im Rahmen des Projekts "Kunst an Kölner Litfaßsäulen" an 60 im Stadtraum verteilten Säulen plakatiert sind. "Meine Südstadt" traf den Künstler an einer davon.

Meine Südstadt: Eigentlich ist es ja ein skurriler Gedanke, dass eine Firma Anspruch auf eine Farbe erhebt.

Rozbeh Asmani: Darum werden im Buch die geschützten Farben auch zunächst losgelöst von diesen Firmen gezeigt. Sie tauchen zwar im Register als Quelle auf, aber die Identität entsteht ja immer erst dann, wenn man einem Kind einen Namen gibt. Indem man nur eine Nummer dazuschreibt, ist die Farbe wirklich frei und kann so wirken, wie sie ist. Es gibt aber immer Rückkoppelungseffekte: „Ach, das kenn ich doch irgendwoher, was ist das denn?". Bei manchen ist das offensichtlicher als bei anderen.

Wie ist es denn erstmalig dazu gekommen, dass sich jemand eine Farbe hat schützen lassen? Irgendjemand musste ja glauben, er könne Anrecht auf eine Farbe haben ...

Die Entstehung der rechtlichen Festsetzung von Marken geht lange zurück. Nach dem römischen Gesetz war geistiges Eigentum streng an eine Körperlichkeit gebunden. Eine Bindung an etwas Immaterielles war gar nicht möglich. Die erste Eintragung einer Marke war dann von Meißner Porzellan immer gebunden an ein Zeichen, wie auch das Zeichen von 4711 hier in Köln. Dabei ging es vor allem um den Schutz des Produkts und die Verlässlichkeit der Qualität. Bis zum Schutz von Farben dauerte es dann nochmal.

Das kam erst im Zuge der europäischen Rechtsgleichheit 1994 auf, weil man natürlich zusehends mit Markenpiraterie aus anderen Ländern konfrontiert war, sodass man entschied, auch sogenannte „sonstige Kennzeichen" zu schützen. Und dazu gehörten dann neben der sogenannten „dreidimensionale Marke", „Hörmarke", Wort- und Bildmarken und eben auch Farbmarken. Das gibt aber erst seit 1994.

Welche Firma hat sich in Deutschland als erste eine Farbe schützen lassen?

Kraft Foods war für Milka tatsächlich der erste Konzern, der das durchgesetzt hat. Bei Telekom hat die Farbwahl dann schon Einzug in den RAL-Fächer gefunden, der Farben definiert und Gütezeichen vergibt. Da tauchen schon „Telemagenta" und „Telegrau" als Bezeichnungen auf. Die Firma hat ein so aggressives Marketing betrieben, dass es sich schon so in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt hat, dass dieser Farbton sogar losgelöst von der Telekom mit ihr assoziiert wird. Beim Buch ist die Anwendung chronologisch, es beginnt mit Milka und hört mit Tiffany's, deren Fall noch nicht entschieden ist, auf. Und so sehe ich auch das Buch: als eine Art Zeitdokument mit archivarischem Register.

Bei der Abbildung der Farbtafeln, die jetzt auf den Litfaßsäulen zu sehen sind, und auch der Anordnung der Farben im Buch - entspricht das abgebildete Farbverhältnis genau dem aus dem jeweiligen Logo?

Genau, wenn es diese Angabe, wie im Fall von Lidl, gibt, erhalte ich eine sehr konkrete Markenbeschreibung, die ich nutze. Wenn es die nicht gibt, verwende ich die Referenz, denn jede Marke muss für die Anmeldung auch grafisch darstellbar sein.

Gibt es häufig Rechtsstreitigkeiten wegen Farbnutzungen?

Darum geht es auch, deswegen lässt man sich eine Farbe auch eintragen, für den sogenannten Kollisionsfall.

Muss sich das Produkt dann inhaltlich ähneln?

Ja, absolut. Es muss gleich sein.

Also bei einer Schokolade in der Nivea-Farbe wäre es egal? Erstmal schon.


(...)

Donnerstag, 27. Juli 2017 | Text: Nora Koldehoff



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