Nora Koldehoff

Freie Autorin / Freie Journalistin, Köln

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Köln - Kreta und zurück

Klaus Meyer (Bild: Tamara Soliz)

Bimmelnd schwingt die altmodisch schlichte Ladentür auf, über der das Schild ‚Friseur' hängt. „Haste gerade Zeit?" – „Noch einer vor Dir. Halbe Stunde." – „Alles klar. Komm ich wieder." Termine nämlich macht Klaus Meyer nicht, das gehört zur Unabhängigkeit, die er sich hier geschaffen hat. „Früher, im Salon am Domhotel, stand immer der Chef hinter mir und hat auf die Uhr getippt, während ich noch zugange war", erzählt er dann und lächelt. „Weil dann wieder der nächste Kunde parat stand. Das mochte ich nie".

Seit dreißig Jahren schwingt Klaus Meyer seine Schere nun schon im kleinen Laden in der Darmstädter Straße. Auf Wortspiele mit dem Wort ‚Haar' verzichtet sein Salon. Im Schaufenster wirbt nur ein geschwungener roter Neonschriftzug: Sein Name ist Marke geworden – man geht „zum Meyer". Und der trägt bei der Arbeit meist ein schwarzes T-Shirt mit demselben Logo – auch in rot, auf Brusthöhe. Die Fensterauslage seines Ladens nutzt Klaus Meyer gerne zum Präsentieren von Fotos und persönlichen Statements – die in der Regel recht deutlich und politik-kritisch ausfallen. Einmal stand deshalb sogar der Staatsschutz auf der Matte und kassierte die von Meyer gefundene und einer Collage über den damaligen Bundeskanzler Kohl beigefügte Munition ein. „Naja, alte Geschichte", sagt Meyer. „Das war damals auch in der Zeitung."

Mit fünfzehn Jahren hat Klaus Meyer in der Neusser Straße seine Frisör-Ausbildung begonnen. Mehr als ein halbes Jahrhundert ist das her: Inzwischen ist er über siebzig. Was der Ausbildung folgte, war kein gradliniger Weg, aber einer, der in eine Richtung führte. Die Fotos an den Wänden seines Ladens und das Auftreten des Besitzers belegen das. Und die Geschichten, die Klaus Meyer aus dem vergangenen halben Jahrhundert und den drei Jahrzehnten in der Südstadt erzählen kann, würden ein ganzes Buch füllen.

Lange Jahre hatte er an der Rückseite des Domhotels in einem etablierten Friseursalon gearbeitet. „Das war die Haute Volée, die dorthin kam", sagt er selbst: Industriebosse und Journalisten, Unternehmer und Schauspieler. Mit der Zeit erarbeitete er sich dort eine regelrechte Fangemeinde. Sein Chef schien das zu fördern, schickte ihn zum Friseurwettbewerb nach Brüssel, wo Meyer die Junioren-Meisterschaft gewann, und stellte ihm in Aussicht, den Laden irgendwann übernehmen zu können. Eines Tages zeigte sich allerdings, dass Klaus Meyer nicht der einzige war, dem er das versprochen hatte. „Ach, hat er Dir das auch gesagt?" kommentierte ein Kollege, als er von der Zukunftsperspektive hörte: „Da wusste ich, dass es besser war, einen Plan B zu suchen." Einer seiner Kunden, Geschäftsführer eines zum Bayer-Konzern gehörenden Unternehmens, hatte Meyer schon vor einiger Zeit ans Herz gelegt, einen Salon in Bergisch Neukirchen zu übernehmen – weil sein Werk dort ein Projektmodell startete. In dem Leverkusener Ortsteil, in dem noch heute die ehemaligen Bayer-Villen stehen, war ein Friseursalon zu haben – mit Wohnung direkt darüber.


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Donnerstag, 12. Mai 2016 | Text: Nora Koldehoff

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