Nora Koldehoff

Freie Autorin / Freie Journalistin, Köln

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Don't tell me - show me

Bild: Tamara Soliz

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen", lautete die oft zitierte pampige Antwort von Helmut Schmidt auf die Frage nach seinem Selbstverständnis als Politiker. Dabei hatte er durchaus Ideen, Wunschbilder und Vorstellungen davon, wie ein Zusammenleben aussehen sollte oder könnte, hierzulande und auch global. Ganz so weit greift das lokale Projekt „Parkstadt Süd" zwar nicht, aber für die immerhin 115 Hektar umfassende Stadtentwicklungsfläche sind Visionen und Konzepte gefragt, die seit einem Dreivierteljahr von einer regen Bürgerbeteiligung begleitet werden.

Künstlerinnen und Künstler des KAT 18 haben diese Aufforderung zur Partizipation zum Anlass genommen, sich mit der Kölner Stadtbebauung auseinanderzusetzen. Im Rahmen des Design-Festivals PASSAGEN zeigt das Kunsthaus in der Ausstellung „X-SÜD STADTVISIONEN" Bilder und Zeichnungen von Straßen und Häusern im Kölner Süden auf Papier und Porzellan. Dafür sind die Künstler mit Skizzenbüchern und Fotoapparaten losgezogen, haben jene Objekte festgehalten, die ihnen besonders ins Auge sprangen, ob nun positiv oder negativ, und dann künstlerisch verarbeitet. Unterschiedliche Häuser-Zeichnungen der verschiedenen Künstler auf Geschirr als Stadt-Landschaft aufgebaut bilden in ihrer Zusammenstellung das Herz der Ausstellung. Ein Wandbild, das das Leben als Künstler in der Parkstadt Süd zum Thema hat, stellt zu den farbig ausgearbeiteten Hausdarstellungen von Nicole Baginski auf Papier einen wunderbaren Kontrast dar.

Die kreativen Köpfe wollen es aber nicht allein bei einer künstlerischen Auseinandersetzung belassen. Sie möchten Stadtwohnraum gern mitgestalten: Schön soll er sein, inklusiv und auch bezahlbar. Am vergangenen Montag (18.01.2016) lud deshalb das Künstler-Kollektiv X-SÜD in Kooperation mit dem Verein KUBIST e.V. - Kunst und Begegnung in der Stadt - zum Auftakt der Ausstellung zu einem Abend ein, an dem Gestalter aus Kunst, Design, Architektur und Theater ebenso teilnahmen, wie Vertreter der Stadt aus Baudezernat und Kulturamt.

Ausstellungsraum im KAT18 Klaus Heuser, Vositzender KuBiSt e.V. (li., Baudezernent Franz Josef Höing (re.)

Zu Beginn des Rahmenprogramms erzählte der Architekt Jan Liesegang von Projekten, die er als Mitglied des Kollektivs „Raumlabor Berlin" gemeinsam mit seinen Kollegen geplant und zum Teil bereits realisiert hat. Voraussetzungen waren dabei etwa ein nicht aufgegangenes Stadtteilkonzept in Turin, das zu einer Ghettoisierung von Einwanderern geführt hatte, oder aber die Umgestaltungsprozesse im ehemaligen Werft- und Hafengebiet in Göteborg. Während im ersten Fall hauptsächlich mit Workshops gemeinsam mit den dort lebenden Menschen gearbeitet wurde, und aus dem Zwischennutzungsobjekt schließlich etwas Bleibendes entstand, rief im zweiten Beispiel vor allem die Herangehensweise der schwedischen Stadtplaner Verwunderung hervor. Denn der dort geplante Jubiläumspark, der 2021 eröffnet werden soll, erfährt durch die bereits jetzt umgesetzten Entwürfe von Raumlabor Berlin - einer nicht kommerziellen Sauna mit Allmende-Bad - einen Anfangsbaustein, dessen Konzept allem Anschein nach aufgeht: Auf Wochen sind die Saunier-Termine im Online-System bereits ausgebucht. Die Berliner Stadtplaner setzten auf das Motto „Don't tell me, show me", und nachdem eine Jury den Entwurf des Kollektivs ausgesucht hatte, wurde das Projekt auch schon in die Tat umgesetzt. Weitere Projektbausteine und Programme in dem Gebiet sollen folgen.


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Mittwoch, 20. Januar 2016 | Text: Nora Koldehoff 

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