Nora Koldehoff

Freie Autorin / Freie Journalistin, Köln

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Gedenk-Anstoß

Drei Affen im Publikum (Bild: Dirk Gebhardt)

Rosenmontagmorgen, halb acht in Köln. Während der Großteil der Bevölkerung noch im karnevalstrunkenem Schlummer liegen wird, wird zum Gedenken an die beiden Todesopfer, die der Einsturz des Historischen Stadtarchivs vor genau fünf Jahren gefordert hat, Oberbürgermeister Jürgen Roters am Waidmarktkrater einen Kranz niederlegen. Als Geste des Gedenkens will er diesen Akt verstanden wissen, Art und früher Zeitpunkt aber rufen schon jetzt innerhalb und außerhalb der Stadt eher Unverständnis hervor. Früh genug ist der Termin eingeplant, damit er das Feiern der Jecken nicht stört und Roters seine karnevalistischen Verpflichtungen wahrnehmen kann. Der Rosenmontag setzt seine eigenen Prioritäten, und das Stadtoberhaupt ist bereit, ihnen zu folgen.

Stadtspitze und BürgerInnen finden auch in diesem Jahr Fünf nach dem Unglück nicht zusammen. ‚Es geht voran', scheint das Motto der Verwaltung zu sein, so jedenfalls präsentierte sie sich eine Woche vor dem Jahrestag auf ihrer Pressekonferenz: mit einem Blick nach vorn, auf das neue Archiv, die neuen Haltestellen und die sichergestellten Archivdokumente. Die Bevölkerung, die hautnah den Einsturz miterlebte, vermisst dabei den Blick auf die Leidtragenden der Katastrophe, auf die Verstorbenen, die Menschen, die ihr Heim verloren und jene, die dem Archiv den Nachlass ihrer Angehörigen und Freunde anvertraut hatten. Sie wurden zwar genannt, aber eine Kranzniederlegung in aller Frühe, bevor es zur Rosenmontagesordnung übergeht, wird dem sicherlich nicht gerecht.

Eigentlich sollte es um die Fortschritte bei der inzwischen fünf Jahre dauernden Ursachensuche gehen. Zweifel wollte Stadtdirektor Guido Kahlen gar nicht erst aufkommen lassen: „In zehn Monaten werden wir ein Ergebnis haben", lautete schon der erste Satz, den der Kölner Verwaltungschef zu den Journalisten im ersten Stock des Rathauses sagte. Tatsächlich wurden einige neue Informationen gegeben; eine Reihe wesentlicher Fragen blieb allerdings auch weiterhin offen. Allzu sehr setzte man darauf, Erfolge vermelden zu können. Weder die Einzelheiten des - voraussichtlich – erst in fünf Jahren zu eröffnenden neuen Stadtarchivs am Eifelwall, noch die Fortschritte der KVB beim Bau der neuen Bahnhöfe sind Teil der Ursachenforschung oder beantworten die Frage nach der Verantwortlichkeit. Sie hatten in der Pressekonferenz deshalb eigentlich nichts zu suchen, zogen sie nur unnötig in die Länge und lenkten vom eigentlichen Thema ab.

Die zentrale Frage aber bleibt die, ob die Katastrophe nicht hätte verhindert werden können.

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Dienstag, 25. Februar 2014 | Text: Nora Koldehoff

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