Noah Gottschalk

Redakteur bei Handelsblatt und freier Journalist

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Der gesunde Snack liegt im Trend

Eine „Pizza“ mit Fruchtgummi gehört zu den vielen Leckereien, die die Internationale Süßwarenmesse ISM in Köln zu bieten hat.

Vegan, vegetarisch, glutenfrei – bewusste Ernährung rückt immer mehr in den Vordergrund, auch in der Welt der Süßigkeiten und Snacks. Was die 45. Süßwarenmesse in Köln neben „normaler“ Schokolade noch zu bieten hat.

Köln. Die Süßwarenmesse in Köln zieht Tausende von Besuchern aus aller Welt an. Vertreter der größten Handelsketten reichen kleinen, jungen Start-Ups die Hand. Es werden Kontakte geknüpft, Bestellungen aufgegeben und natürlich wird probiert.


Am Stand von Katjes beispielsweise. Ein neues Produkt komme im März auf den Markt, erklärt Gloria Thyssen, die Pressesprecherin des Unternehmens. „Mit unseren ‘Glücksgefühlen’ wollen wir Fruchtgummi-Liebhaber zu Lakritz-Liebhabern machen“, so Thyssen weiter. Die „Glücksgefühle“ kombinieren klassisches Fruchtgummi in fünf verschiedenen Sorten mit Lakritz.


Neue Kombinationen probiert das Unternehmen öfter aus, „wir bleiben jedoch bei unserer Veggie-Linie“. Daher kommt auch der Name der neuen Nascherei. „Bei uns lösen vegetarische Produkte Glücksgefühle aus, deshalb haben wir unser Produkt so genannt“. Doch der alleinige Verzicht auf die tierische Gelatine macht Süßigkeiten nicht gesünder oder kalorienärmer, vielmehr sollte man auf natürliche Inhaltsstoffe achten.


Von Kalorienarmheit ist Intersnack mit seinen Marken Funny Frisch und Chio weit entfernt. 504 Kalorien pro 100 Gramm hat die Kesselchips-Sorte „Honey BBQ“. Zum Vergleich: Ein 100-Gramm-Apfel hat gerade einmal 54 Kalorien. Das Unternehmen möchte im Thema Kalorienarmheit aber auch nicht hinterherhinken und bringt noch in diesem Jahr die „Ofenchips Käse & Kräuter“ auf den Markt: Gebackene, nicht frittierte, Chips, die einen Fettanteil von nur zehn Prozent haben.


Dennoch bleiben Chips „ein Genussprodukt, welches in Maßen verzehrt werden sollte“, so eine Sprecherin des Unternehmens. Lediglich für diejenigen, die nicht immer fettige Finger haben wollen, könnten die Ofenchips eine Alternative sein.


Bei Seeberger sieht das schon anders aus. Das Unternehmen hat sich einen Namen gemacht in der Sparte der Trockenfrüchte und exportiert seine „gesunden Snacks“, wie Lorena Löffler, Marketing Managerin, sie nennt, auch nach Frankreich oder China. Angefangen hat die Erfolgsgeschichte 1844 in Ulm mit einem kleinen Kolonialwarenladen. Seeberger wuchs stetig und ist nun Marktführer in seiner Sparte. Bei unseren französischen Nachbarn verzeichnet der Hersteller die höchsten Absatzzahlen.


Besonders profitieren kann das Unternehmen von „dem aktuellen Trend zum gesunden, bewussten Snacken“, erzählt Löffler weiter. „Unsere neuen natürlichen Apfelchips sind eine gesunde Alternative zu den frittierten Kartoffelchips“.


Wem Obst und Haferflocken lieber sind als Haselnüsse und Cashewkerne kann auf Hafervoll von einem Kölner Start-Up zurückgreifen. Die selbsternannten „Müsliriegel-Bäcker“ Philip Kahnis und Robert Kronekker schwören zu 100 Prozent auf natürliche Zutaten. Als Konservierungsmittel verwenden die ehemaligen Arbeitskollegen Honig. Das funktioniert super“, sagt Philip Kahnis.


„Normale Müsliriegel werden maschinell gepresst, wir backen die im Ofen und sind die einzigen, die das in Deutschland anbieten“, sagt Kahnis weiter. Aktuell sind die 1,69 Euro bis 1,99 Euro teuren Riegel nur im Online-Shop erhältlich, Kahnis ist jedoch zuversichtlich, sein Produkt auch bald im stationären Handel zu platzieren. Sogar von einem „Export ins deutschsprachige Ausland“ spricht der Gründer im Gespräch mit Handelsblatt Online.


Auf das Konzept mit dem gesunden und natürlichen Riegel für Zwischendurch vertraut auch der Schweizer Hersteller HPW AG. 450 Arbeiter in Ghana sind damit beschäftigt, Obst für den „Früchteriegel, der nur aus Früchten besteht“, wie Michael Jud sagt, zu ernten und zu verarbeiten. „Konsumenten schauen immer mehr, was drin ist und freuen sich über eine kurze Zutatenliste“, berichtet er.


Deshalb sei sein Produkt auch eher hochpreisig, „nicht wegen der langen Anfahrt von zwei bis drei Wochen, sondern wegen des Verzichts auf Zusatzstoffe“. Vielleicht schüchtert der hohe Preis die Einkäufer ein, denn bisher ist der Riegel im Einzelhandel noch nicht erhältlich.


Schon lange erhältlich sind vegane, glutenfreie und vegetarische Produkte. „Bei diesen großen Trends wird auch das Portfolio immer größer werden“, prognostiziert Solveig Schneider vom Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie. „Noch vor einigen Jahren konnte man kaum glutenfreie Produkte im Supermarkt finden, heute sieht das anders aus“, so Schneider weiter. Jonathan Blümel, selber Gluten-Allergiker, sieht das anders: „In den großen Ketten gibt es immernoch zu wenig Auswahl an Lebensmitteln ohne Gluten. Ich wünsche mir, dass das in Zukunft besser wird.“


Die Süßwarenbranche und besonders die ISM als eine der internationalsten Messen überhaupt, sind sehr innovativ. „Was sich jedoch nach Messeende durchsetzt, hängt immer vom Zeitgeist ab. Produkte wie Wirsing-Chips werden in der Nische angesiedelt bleiben. Die Menschen mögen halt eher traditionelle Chips und Bekanntes“, so Schneider.

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