Köln im Ausnahmezustand: 3.500 Polizisten sind im Einsatz. Über der Stadt kreist ein Polizeihubschrauber, Wasserwerfer fahren durch die Straßen. Ein junger Mann schießt ein Selfie vor einem der unzähligen Mannschaftswagen der Polizei. Hogesa ist in der Stadt. Und jede Menge Gegendemonstranten.
Am Sonntag versammeln sich in Köln rund 1.000 Hooligans, halten Reden, vereinzelt spielen Bands. Streng abgeschottet und unter Beobachtung zahlreicher Sicherheitskräfte. Jeder, der hier protestieren will, wird auf Pyrotechnik, Waffen und Alkohol durchsucht. Die Veranstalter suchen in den Reihen der Demonstranten länger nach Personen, die als Ordner auftreten. Voraussetzung: nüchtern und nicht vorbestraft. Die Stimmung könnte besser sein: „Leute, seid ihr denn nur mit euren Handys beschäftigt?“, ruft der Sänger einer Band in sein Mikrofon.
Gegendemonstranten in der Überzahl
Während auf der einen Seite des Deutzer Bahnhofs Hooligans gegen Flüchtlinge demonstrieren, setzen auf der anderen rund 10.000 Menschen friedlich ein Zeichen gegen Rechts. Der Nieselregen tut der Stimmung keinen Abbruch, kölsche Bands wie die Höhner, Kasalla oder Cat Ballou geben ihre Klassiker zum Besten.
Das ist mein Köln: Egal bei welchem Wetter, Karneval geht immer. Doch den ernsten Hintergrund vergisst hier niemand. „Irgendwas läuft schief in dieser Gesellschaft, wir müssen miteinander sprechen. Ansonsten radikalisieren sich Menschen, die sich nicht wahrgenommen fühlen“, sagt Höhner-Mitglied Janus Fröhlich. Meral Sahin, Vositzende der IG Keupstraße, findet es wichtig Flagge zu zeigen: „Köln ist unsere Stadt, hier gibt es definitiv keinen Platz für Rassisten. Einheitsbrühe will niemand, wir wollen bunt sein.“
Plötzlich setzt die Polizei Wasserwerfer ein, weil Linksextreme Flaschen auf Beamte geworfen haben. Knallgeräusche sind zu hören, die Stimmung ist angespannt. Einzelne werden abgeführt und festgenommen, weitere größere Ausschreitungen gibt es jedoch nicht. Vereinzelt kommt es zu Rangeleien, Demonstranten liefern sich „Laufspielchen“ mit der Polizei, wird ein Behördensprecher später sagen.
Die Polizei hat aus ihren Fehlern gelernt: Letztes Jahr war es bei einer Demo der Vereinigung „Hooligans gegen Salafisten“ zu massiven Ausschreitungen gekommen. Beamte wurden verletzt und Autos umgeschmissen, die Lage war außer Kontrolle und für alle gefährlich. „Heute ist die Polizei konsequenter und sehr, sehr gut vorbereitet, um Ausschreitungen zu verhindern“, erklärt Ex-Oberbürgermeister Jürgen Roters. Am Ende des Tages bin ich stolz auf meine Heimatstadt, 10.000 friedliche Gegendemonstranten stehen 1.000 Hooligans gegenüber. Das sagt alles.
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