Das mit den Erwartungen ist dieses Mal etwas schwierig, da ich die Platte schon gute zehn mal in Vorbereitung auf unser Interview mit dem Hamburger König des Phonk gehört habe. Nach dem extrem starken zweiten Teil von „Swaffle Phonk" tritt das große Finale nun auf jeden Fall in große Fussstapfen. „Schwedische Gardinen" zusammen mit Tightill war einer der größten Untergrund-Hits der letzten Zeit, das wird vor allem bei Shows des Erotik Toy Records-Mastermind deutlich. Was vorher vor allem schon klar ist: Es wird ein Memphis-Fest. Gepitchte Vocal-Cuts, stolpernde Drums und reichlich Laidback-Attitüde sind vorprogrammiert.
Es beginnt klassisch mit einem runter gepitschten Vocal-Sample der Three Six Mafia und dem „Swaffle Phonk"-Veteran Skinny Finsta am Mic. Viel mehr Memphis geht eigentlich nicht. Auch auf lyrischer Ebene bleibt sich der heidelberger Spieler treu. Reichlich Übertreibungen treffen auf die eine oder andere Line zum Lachen. Einige Zeilen übertreten leider auch die Linie des guten Geschmacks.
Ich weiß nicht ob das an mir liegt, aber ich habe das Gefühl der erste Instrumental-Track auf allen drei „Swaffle Phonk"-Platten ist immer der Stärkste. Auch hier legt AlphaMob direkt mal amtlich vor. Das hier ist einer für die Tanzfläsche. Der Beat rollt extrem smooth und vor allem der staccato-gespielte Synth lädt zum Kopfnicken ein. Das Vocal-Sample stammt wieder von der Three Six Mafia.
Mit Caramelo kommt ein weiterer „Swaffle-Phonk"-Stammgast und einer der aktuell meist unterschätzten MCs in Deutschland ins Spiel. AlphaMob serviert ein bedrohlich anmutendes Brett an Beat und Caramelo nimmt die Vorlage gekonnt an. Einer meiner Favoriten der Platte, auch weil das Instrumental absurd Spaß macht.
Es wird entspannter! Füße hochlegen und genießen. AlphaMob zerhackt einige der legendärsten Three Six Mafia Vocals und gibt dem Ganzen eine sommerliche Note mit. Auch mal was Neues. Grade das choral klingende Sample bringt Abwechslung.
Opti Mane revanchiert sich für den AlphaMob-Gastbeitrag auf seinem Album „Der Bettchiller". Mit „Nicht was du meinst" liefern die Beiden auch direkt die inoffizielle Fortsetzung von „Wie talkst du?!". Auch wenn dieser zweite Teil nicht ganz an den genial zusammengechoppten Ersten herankommt, bleibt die Hook von Opti Mane über Tage im Ohr.
Einer der Hits der Platte und folglich die erste Single. Mit hat es lange nicht mehr so viel Spaß gemacht jemandem beim Angeben und Ansagen-Verteilen zuzuhören, wie derzeit KeKe. Energy, Flow und Stimme gehen wahnsinnig nach vorn. Kein Wundern, dass die Karriere der Wienerin aktuell absolut steil geht. Die Art hier KeKes Stimme bearbeitet wurde, klingt abseits von Autotune außerdem angenehm einzigartig.
Auf düsterem Instrumental wird zum Gesetzesbruch aufgefordert. Extrem mystische Geschichte. Man kann den lila Nebel förmlich hören. Der Kontrast aus weiblich und männlich klingender Stimme in den Vocal-Samples gefällt. „Break da Lawww" gehört definitiv in eure Playlist für nächtliche Autofahrten.
Leider reiht sich Jace mit seiner „Ich brauche kein Präservativ, weil ich ne Krone trag"-Line in eine Reihe unangenehmer Deutschrap Anti-Kondom-Zeilen der letzten Zeit ein. Das ist so eine Art der unnötigen Ausfälle, die ganze Songs madig machen können. Ärgerlich, vor allem weil Jace technisch extrem abliefert. Ich weiß nicht warum, aber die Zeile „Das ist kein Cybermobbig, das ist Alphamobbing" schwirrt mir seit Tagen durch den Kopf. Chatchphrase des Todes. Neues Producer-Tag?
Es wird melancholisch. Errdeka bringt einen angenehmen Gegensatz in die Platte und dreht sie thematisch einmal um 180 Grad. Statt Geld und Glanz werden Familie und Freundschaft thematisiert. Man hört Errdeka noch etwas Schwierigkeiten an, seine Art zu Texten auf den Memphis Sound und Flow zu bringen. Die Bengalo-Line beispielsweise klingt irgendwie falsch. Dennoch tut der nachdenkliche Kontrast dem Album sehr gut.
Das große Finale! AlphaMob bringt die Platte in gewohnter Memphis-Manier zu Ende. Von Synth bis Drums und Samples bleibt alles in der manischen Phonk-Metropole.
Ein mehr als würdiger Abschluss der Trilogie! Memphis-Fans werden logischerweise begeistert sein. Durch gut gewählte Features auch außerhalb der Phonk-Bubble springt sicherlich noch der ein oder anderen Neuling auf den Zug auf. Und das völlig zurecht. Natürlich hat ein Producer-Album immer mit seinem eigenen Genre zu kämpfen. Zwar kitzelt der gewisse Competition-Charakter der bei einer solchen MC-Ansammlung zwangsweise im Raum steht, einige Highlights aus den Protagonist*innen heraus, jedoch bleibt traditionell wenig Raum für Songs jenseits von recht simplen Representern. Wenn man genauer Hinsieht steht das, was vor dem Mikrofon passiert jedoch eh nicht im Vordergrund. AlphaMob beweist einfach mal wieder sein Können, sowohl was Drum-Arrangement, als auch was das Zerstückeln und wieder Zusammensetzten von Vocal-Samples angeht. Die Instrumentals klingen extrem modern und sind dennoch überfüllt mit Referenzen in eine Zeit vor über 20 Jahren. „Schiebedach" ist allein durch den Beat ein absolutes Highlight. 8/10