Natalia Sadovnik

Journalistin, Autorin & Redakteurin, Hamburg

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Saftiges Theater

Stimme X ist eine Reihe für zeitgenössisches Musiktheater
Am Anfang war die Unzufriedenheit. 2012 monierte der Regisseur Hans-Jörg Kapp, dass zeitgenössisches Musiktheater in Hamburg im Gegensatz zum Sprechtheater ein Nischendasein
führt: „Dabei ist Musiktheater gerade sehr facettenreich, mit Ansätzen aus bildender Kunst oder von Popbands, die theatralisch arbeiten.“ Zusammen mit dem Regisseur Frank Düwel hat Kapp den
Wettbewerb „Stimme X“ ausgeschrieben. Die Resonanz hat beide überrascht. „Mit den Bewerbungen
hätten wir locker eine ganze Spielzeit bestreiten können. Das Niveau war wirklich sehr hoch“, freut sich Kapp.
Kapp und Düwel, die beim Wettbewerb als Produzenten fungieren, werden vom Dachverband der freien Theaterschaffenden und dem Verband für aktuelle Musik unterstützt. „Wir haben sechs Projekte von Hamburger Künstlern ausgewählt, in denen Klang und Stimme zentral sind“, erzählt Düwel. Es wird viel experimentiert. Zum Beispiel wenn das Publikum mit dem Performer den Raum wechselt, sodass sich die Geschichte an mehreren Orten unterschiedlich entfaltet. Oder wenn ein Gehörlosen-Chor Klanglichkeit mit nicht-musikalischen Mitteln erforscht. Doch soll die Reihe kein intellektuelles Vergnügen für Eingeweihte, sondern für alle zugänglich sein. „Das wird saftiges Theater sowohl für Opern- als auch für Clubgänger“, betont Düwel. „Wichtig ist, dass der Abend eine Geschichte erzählt.“
Von November 2014 bis Juni 2015 werden die Stücke an verschiedenen Orten gespielt. Eröffnen und schließen wird „Stimme X“ im Lichthof Theater. Für den Eröffnungsabend am 14. November inszenierte der Komponist Ernst Bechert unter dem Titel „No Show“ ein Spiel mit dem Zeigen und dem Zeigbaren. „Dabei stehen Ereignisse gigantischen Ausmaßes in einem scharfen Gegensatz zu der
kleinen Bühne, auf der sie dargestellt werden“, erzählt Kapp. „Große Dinge auf kleinen Bühnen – das könnte für das gesamte Projekt stehen, deshalb passt es, die Reihe mit so einem Stück zu eröffnen.“ Zu viel möchten die Produzenten aber nicht verraten. Zu erwarten sei ein multimedialer Theaterabend, der einige Überraschungen bereithalte und verschiedene Möglichkeiten der Bühne gegeneinander ausspiele.
/ Natalia Sadovnik