2019 waren sie kaum von der Medienlandschaft wegzudenken, mit dem Anfang der Corona-Pandemie wurde es jedoch immer stiller. Die Rede ist von Fridays for Future. Am 19.März fand sie jedoch wieder statt - die erste weltweite Protestwelle seit Corona. Sebastian Seebacher von Fridays for Future Innsbruck erzählt, was in dem einem Jahr (Corona-)Pause und Online-Aktivismus weitergegangen ist, wie es um die aktuelle Klimapolitik steht und welche Forderungen die Klima-Aktivist*innen haben.
Der Klimawandel und die dahingehende Krise hat mittlerweile auch Österreich fest im Griff. Die Temperaturen werden höher, Ernten in der Landwirtschaft fallen öfter aus, Naturkatastrophen wie Waldbrände, Dürren, Stürme oder Lawinen treten vermehrt auf. All dies und noch viel mehr führt dazu, dass die Erde zu einem immer schlechteren Lebensraum wird. Die von Greta Thunberg gegründete Protestbewegung Fridays for Future kämpft weltweit für eine Verhinderung der immer schlimmer werdenden Klimakrise, fordert Politiker*innen zum Handeln auf und bewegt die Gesellschaft zu einem Umdenken.
Sebastian Seebacher: Unsere internen, wöchentlichen Organisationstreffen finden aufgrund der Pandemie online statt. Genauso wie alle anderen auch darunter gelitten haben, dass bei Online-Meetings die Qualität darunter leidet, war es auch bei uns so.
Ende August fand ein österreichweiter Streik gegen die Abholzung und Waldbrände im Amazonas statt. Am 19. März wurde seit Langem wieder weltweit demonstriert. Dies zu entscheiden war auch schwierig, weil man hier abwägen musste, wie sicher und legal ein Protest zu Coronazeiten ist.
Am Anfang gab es schon Hoffnung auf ein Umdenken in der Bevölkerung. Bald haben wir gemerkt, dass das eher eine Wunschvorstellung ist. Obwohl die Emissionen 2020 zwar zurückgegangen sind, ist die Gefahr des kommenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs und dessen Folgen fürs Klima immens. Eigentlich wäre jetzt die Zeit, um neue Ideen umzusetzen. Aber die Politik ist gerade mit der Pandemiebewältigung überfordert.
Einen ausschlaggebenden Grund gab es nicht. Wir haben weltweit darüber abgestimmt, dass es mal wieder Zeit wäre. Außerdem wird in den Medien gerade nur über Corona berichtet, aber gleichzeitig weitet sich die Klimakrise aus, die langfristig wiederum das Potenzial hat, viel mehr Menschenleben zu kosten.
Die Umstellung auf online hatte auch positive Folgen. Zum Beispiel wurde dadurch die Vernetzung mit anderen Regionalgruppen und anderen Organisation einfacher, da man einfach im Zoom-Call dabei sein konnte.
Außerdem haben wir zu Beginn der Corona-Pandemie gemeinsam mit anderen Umweltorganisationen die Kampagne „Wann, wenn nicht jetzt" gestartet und damit die Landesregierung von Tirol aufgefordert, die Wirtschaftshilfen an ökologische Bedingungen zu knüpfen. Aber es ist ganz klar: Man kann nicht so viele Leute erreichen wie mit einer Demo.
Wir haben unsere Zielgruppe und Reichweite nie wirklich nachverfolgt, haben jedoch schon das Gefühl, dass unsere Follower-Bubble ziemlich gleichgeblieben ist. Viele neue Leute haben wir nicht erreicht. Daher können wir es kaum erwarten, wieder auf die Straßen gehen zu können.
In unseren Organisator*innen-Treffen besprechen wir immer neue Ideen. Meistens haben wir gar nicht ein bestimmtes Thema, auf das wir uns fokussieren, sondern wollen einfach Awareness schaffen. Vor allem Politiker*innen möchte Fridays für Future auf ihre leeren Versprechen aufmerksam machen.
Unsere generelle Einforderung ist die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels. Ob wir als nächstes nochmals deswegen demonstrieren, uns ein neues Ziel suchen oder einfach Aufmerksamkeit erregen wollen wissen wir noch nicht.
Fridays for Future ist eine unparteiische Organisation. Uns geht es um die Inhalte, die eine Partei umsetzt, nicht ob sie grün, rot oder türkis ist. Solange unsere Forderungen nicht gehört werden, sind wir unzufrieden. Natürlich hatten viele die Hoffnung, dass sich mit den Grünen in der Regierung viel ändern wird. Meiner Meinung nach sollte man aber noch abwarten, da wir gerade noch in einer Pandemie sind und die Politik anscheinend keine Kapazitäten mehr hat. Es gibt aber durchaus Pläne, die zu unterstützen sind, das 1-2-3-Ticket zum Beispiel.
Wir wünschen uns einfach, dass die Politiker*innen mehr auf die Wissenschaft hören und schnell und effektiv handeln. In der Politik wird einfach viel zu langsam agiert. Es gibt so viele veraltete Gedanken wie - Klimaschutz kostet Geld und Arbeitsplätze- die schon lange widerlegt wurden. Österreich plant ja 2040 netto null Emissionen zu haben. Um das zu erreichen, sollte jetzt schon viel mehr getan werden.
Wir haben österreichweit viele Kampagnen, die auch direkt Veränderung erwarten und diese meist erreichen. So haben wir auch gemeinsam mit der deutschen Organisation „Urgewald" zusammengearbeitet, um österreichische Banken (genauer Raiffeisen und Erste Bank) dazu zu bringen, ihre Kohle-Policy zu überarbeiten. Also um die Finanzierung und Investitionen in Kohleunternehmen zu stoppen. Wieviel sich schlussendlich ändert, kann man momentan noch nicht abzuschätzen.
Auf Innsbruck bezogen haben wir 2019 einen Dringlichkeitsantrag gestellt, der einstimmig angenommen wurde, mit der Forderung nach einer neuen Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie.
Außerdem haben die Proteste zu einem Umdenken in der Gesellschaft geführt, was für uns sehr wertvoll ist.
Ich glaube, dass sich vor allem in der Zeit vor Corona das Bild von Fridays for Future verändert hat. Anfangs dachten viele Leute, wir seien sehr extrem. Das lag vor allem auch daran, dass die Demos in Innsbruck am Anfang noch sehr klein waren und man nicht viel über uns berichtete.
Als die weltweiten Proteste begannen und Fridays For Future immer bekannter wurde, hat sich dieses Stereotyp gelöst und wir wurden ernster genommen. Seitdem hat sich unser Bild kaum verändert. Es gibt sicher Leute, die unsere Werte nicht unterstützen, viel Gegenwind haben wir in Tirol jedoch nicht abbekommen.
Jede*r, der/die Lust hat kann jederzeit zu einem Organisations-Treffen in seiner oder ihrer Stadt dazukommen. Man kann sich an den zukünftigen Demos beteiligen, Aufmerksamkeit via Social Media oder in den Freund*innen- und Bekanntenkreisen ist auch gerne gesehen. Außerdem haben wir ein Spendenkonto und freuen uns über jede Unterstützung.
Über Sebastian:
Sebastian Seebacher ist 17 Jahre alt und studiert im zweiten Semester Geographie und Politikwissenschaft an der Uni Innsbruck. Seit Juli 2020 ist er ein fixer Bestandteil der Fridays For Future-Organisation, er unterstützt die Bewegung aber schon seit Beginn.
Titelbild Credits: Friday For Future / Sebastian Seebacher
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