Miriam Khan

Online-Redakteurin, Hamburg

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Horst Seehofer: "Man muss Gesetze kompliziert machen, dann fällt das nicht so auf"

"Stillschweigend" und möglichst "kompliziert" müsse man ein Gesetz machen, damit man sich nicht mit dem Widerstand der Bevölkerung rumschlagen muss. Das findet zumindest Innenminister Horst Seehofer. Im Netz tobt ein Shitstorm.

Die Aussagen sind zumindest irritierend, wenn nicht sogar verstörend: Bundesinnenminister Horst Seehofer findet, man müsse Gesetze besonders kompliziert machen, damit man sie schnell und ohne großen Widerstand verabschieden kann. Das sagte er kürzlich beim "Zweiten Berliner Kongress für wehrhafte Demokratie". Ein Video davon hat die ARD auf einen ihrer Twitter-Kanäle hochgeladen, darunter tobt bereits ein heftiger Shitstorm.

Horst Seehofer: "Stillschweigend, weil es kompliziert ist"

Konkret geht es um das Datenaustauschgesetz - an diesem Freitag Thema im Bundesrat. Es gehört zu einem ganzen Paket an Gesetzentwürfen zu den Themen Migration und Asyl. Wie Seehofer in dem Clip behauptet, habe man das "ganz stillschweigend eingebracht". Die Begründung dafür liefert er gleich hinterher: "Wahrscheinlich deshalb stillschweigend, weil es kompliziert ist, das erregt nicht so."

Und es geht weiter. Aufgrund seiner Erfahrungen "in den letzten 15 Monaten" habe er gelernt: "Man muss Gesetze kompliziert machen, dann fällt das nicht so auf." Bei schwer verständlichen Gesetzen rechnet Seehofer also mit weniger Widerstand aus der Bevölkerung. Man könnte gar vermuten, dass der Innenminister meine, das Volk sei zu doof oder zu faul, um sich mit solchen Gesetzen auseinanderzusetzen - so jedenfalls werden es kurz darauf seine Kritiker sehen.

Seehofer: "Wir machen nichts Illegales"

Und Seehofer merkt an diesem Punkt offenbar selbst, dass er sich gerade um Kopf und Kragen geredet hat. Er schiebt hinterher: "Wir machen nichts Illegales, wir machen Notwendiges." Dennoch ist er wohl überzeugt, dass seine Strategie die Richtige ist, denn: "Auch Notwendiges wird ja oft unzulässig infrage gestellt."

Das Video löste einen Shitstorm aus. Zahlreiche Nutzer zweifeln am Demokratieverständnis des Innenministers, Seehofer wird heftig attackiert. "Der Mann ist eine Katastrophe" heißt es zum Beispiel, und "mir fehlen die Worte, was für eine Frechheit, solche Aussagen!"

Ein anderer Nutzer kommentiert: "Allein das Zitat: 'Notwendiges wird oft unzulässig in Frage gestellt' zeigt, dass Seehofer Demokratie wohl nur als nerviges Konstrukt ansieht. Diese Art und Weise, allein bestimmen zu wollen, was notwendig und was unzulässig ist, zeigt Charakterzüge eines Orban oder Erdogan."

Wieder ein anderer fordert sogar Seehofers Abgang: "Wie zum Teufel kann so jemand NICHT zurücktreten müssen?! Der tritt uns und die Demokratie mit Füßen, grinst sich dabei noch einen weg und es passiert einfach gar nichts?! Ich bin täglich aufs Neue fassungslos."

Auch in Parlamentskreisen blieben die Aussagen nicht unkommentiert: Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sprach im Plenum des Bundestags von einer "Frechheit und Dreistigkeit".

Youtuber Rezo kritisiert Seehofer "und seine Homies"

Der Youtuber Rezo, der kurz vor der Europawahl mit einem Anti-CDU-Video für Aufregung gesorgt hatte, schrieb: "Hat Seehofer da gerade gesagt, dass er und seine Homies Gesetze absichtlich komplizierter gestalten, weil deren Inhalt dann "nicht so erregt" und "nicht so auffällt" und deren Gesetze ansonsten von der Bevölkerung "unzulässig in Frage gestellt" werden?"

Inzwischen äußerte sich Seehofer auch selbst noch einmal dazu. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte der CSU-Politiker, das wichtige Gesetz werde so gut wie nicht diskutiert. Er habe daher die Bemerkung "leicht ironisch" gemacht, "weil die Diskussion ziemlich schräg und unverhältnismäßig ist".

Im Video: "König von Bayern": Zehn Fakten über Horst Seehofer Zum Original