Miriam Khan

Online-Redakteurin, Hamburg

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Seit einem Jahr vermisst: Familie Schulze: Wird ihr Verschwinden jemals aufgeklärt?

Sie sind nun seit genau einem Jahr verschwunden: Sylvia Schulze (43) und ihre Tochter Miriam (12) aus Drage. Am 21. Juli 2015 wird Miriam zuletzt gesehen, am 22. Juli ihre Mutter - danach verliert sich jede Spur. Wird das Rätsel jemals gelöst?

Der Fall hält vergangenes Jahr ganz Deutschland in Atem: Eine ganze Familie verschwindet plötzlich spurlos. Tagelang suchen Polizisten nach Sylvia, Miriam und Familienvater Marco Schulze (41). Die Leiche des Vaters kann in der Elbe geborgen werden, doch der Verbleib von Mutter und Tochter bleibt ungeklärt. Gibt es überhaupt noch Hoffnung? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem mysteriösen Fall.

Was ist passiert?

So genau weiß man das nicht. Fest steht nur, dass Sylvia, Miriam und Marco Schulze zu Beginn der Sommerferien plötzlich spurlos verschwinden. Zunächst geht man davon aus, die Familie sei spontan verreist - einen Tag vorher war Ferienbeginn -, doch sämtliche Ausweispapiere der Schulzes befinden sich noch im Haus der Familie. Auch die Katze wird zurückgelassen, alle Handys sind ausgeschaltet.

Wann hat man die Familie zuletzt gesehen?

Nachbarn geben an, Sylvia Schulze zuletzt am 22. Juli, dem Tag vor ihrem Verschwinden, in Drage gesehen zu haben. Tochter Miriam sollte an diesem Tag eigentlich ihr Zeugnis in der Schule abholen, wird von ihren Eltern jedoch krank gemeldet. Marco Schulze wird einen Tag später, am 23. Juli gegen 7.30 Uhr morgens, mit seinem grauen Dacia Sandero im Ort gesichtet. Die Polizei stellt das Auto einen Tag später vor dem Wohnhaus der Familie sicher.

Wie verlief die Suche?

Die Polizei leitet sofort eine großangelegte Suchaktion ein. Einsatzkräfte durchkämmen den gesamten Ort und die nähere Umgebung mit Spürhunden, setzen sogar Hubschrauber ein - erfolglos. Nach einer Woche wird die Suche eingestellt. Kurz darauf stellt sich bei einer Zeugenbefragung heraus, dass ein grünes Herrenfahrrad aus dem Haushalt der Familie fehlt. „Es ist nicht auszuschließen, dass Marco Schulze damit am Tag des Verschwindens unterwegs war", sagt ein Polizeisprecher.

Wie ging es danach weiter?

Am 31. Juli entdeckt ein Spaziergänger in der Elbe bei Lauenburg eine männliche Leiche. Schnell ist klar: Es handelt sich um den toten Familienvater Marco. Den Ermittlern zufolge hat der 41-Jährige sich an einen 25 Kilogramm schweren Betonklotz gebunden und ist damit von der Elbbrücke in Lauenburg in den Fluss gesprungen. Als Taucher daraufhin die Elbe weiter absuchen, entdecken sie ein silberfarbenes Damenrad. Ein Nachbar erkennt es wieder: Er hatte es vor einiger Zeit den Schulzes geschenkt. Die Polizei geht nun davon aus, dass der Vater Selbstmord begangen hat. Er sei am Tag seines Verschwindens mit dem Fahrrad zur Elbebrücke bei Lauenburg gefahren, habe das Rad in den Fluss geworfen und sei selbst hinterher gesprungen, so die Rekonstruktion der Ermittler.

Doch wo sind Mutter und Tochter Schulze?

Die Polizei geht davon aus, dass Marco Schulze nicht nur sich selbst, sondern zuvor bereits seine Frau und Tochter umgebracht hat. Daraufhin werden die Elbe sowie die Gegend rund um den Fundort der Leiche des Vaters abgesucht. Doch wieder bleiben die Ermittler ohne Sucherfolg. Einen Abschiedsbrief hat der Familienvater nicht hinterlassen.

Welche Rolle spielt „ Aktenzeichen XY ungelöst"?

Im August 2015 ist das rätselhafte Verschwinden der Familie Thema bei „Aktenzeichen XY". Daraufhin meldet sich eine Frau bei den Ermittlern. Sie gibt an, bereits in der ersten Woche nach der Vermisstenmeldung einen anonymen Hinweis an die Polizei geschickt zu haben. Dieser war allerdings sehr vage und für die Beamten daher nicht weiter verwertbar. Die Zeugin behauptete, Mutter und Tochter am Tag ihres Verschwindens am Mühlenteich im Buchholzer Stadtteil Holm-Seppensen gesehen zu haben. Die Polizei nimmt die Suche daraufhin wieder auf, durchkämmt mit Spürhunden die genannte Gegend. Und tatsächlich: Die Hunde können eine Fährte von Mutter und Tochter aufnehmen. Diese endet nach rund 200 Metern am Ufer des Teiches. Auch eine Geruchsspur des Vaters führt zum Teich und von dort auch wieder weg. Die Spur von Sylvia und Miriam Schulze jedoch nicht.

Wurde daraufhin der See genauer abgesucht?

Taucher, Boote und sogar ein spezielles Sonarboot sind im Einsatz: Sie suchen im Mühlenteich nach Spuren der beiden vermissten Frauen. Polizisten durchkämmen derweil das angrenzende Waldstück. „Das dürften einige zehntausend Quadratmeter sein", sagt ein Polizeisprecher damals. Doch wieder verläuft die Suche erfolglos. Dreieinhalb Wochen nach ihrem Verschwinden gibt es immer noch keine Spur von Sylvia und Miriam.

Gab es seitdem weitere Hinweise?

Im Oktober wird die Suche plötzlich wieder aufgenommen: Polizisten und Taucher suchten ein Flussstück der Elbe bei Winsen ab. Auf welcher Grundlage, ist zunächst nicht bekannt. Zwei Wochen später, im November, meldet sich ein Spaziergänger in Geesthacht bei der Polizei. Er hat in der Nähe der Elbe einen ungewöhnlichen Geruch wahrgenommen, angeblich Verwesungsgestank. Die Ermittler suchen das betreffende Gebiet sowie den Fluss ab. Ohne Erfolg.

Haben sich die Verwandten eigentlich zu Wort gemeldet?

Sylvia Schulzes 25-jährige Tochter meldet sich im Mai 2015 überraschend in einem Interview zu Wort. Ihre ungeheuerlichen Vorwürfe: Marco Schulze habe die Leichen seiner Frau und Tochter in Säure aufgelöst - deswegen gebe es keine Hinweise auf den Verbleib der beiden Frauen. Die Vorwürfe der Tochter werden von Seiten der Ermittler nicht weiter kommentiert.

Und nun? Wird der Fall für immer ungelöst bleiben?

Am 29. Juni suchen die Ermittler noch einmal über das Fernsehen nach möglichen Hinweisen. Der Fall ist erneut Teil von „Aktenzeichen XY... ungelöst" im ZDF. „Wir wollen den Fall unbedingt klären und die Vermissten den Angehörigen übergeben", sagt Hauptkommissar Michael Düker, bis März Leiter der Sonderkommission „Schulze". Sie war aufgelöst worden, als alle Spuren abgearbeitet waren. Etwa 40 Hinweise gehen nach der Sendung bei der Polizei ein. Sie sollen nach und nach abgearbeitet werden.


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