Langes Haar, lange schlanke Beine, Schmollmund, große blaue Augen. Wenn Sabine Holbrook auf der Motorrad-Rennstrecke erscheint, freuen sich ihre männlichen Kollegen über den schönen Anblick. Und fürchten sie zugleich. Die hübsche Blondine ist kein Grid-Girl, sondern Konkurrenz in der Superbike-Klasse. Anfangs wurde der zweifachen Mutter aufgrund ihres Aussehens der harte Sport nicht zugetraut, doch die Kollegen müssen sich schon an den Anblick ihres Rückens während eines Rennens gewöhnen. In der Klasse fahren nur die Besten. Im Interview erzählt die 34-Jährige, wie ihre männlichen Kollegen mit einer weiblichen Konkurrenz klar kommen.
GQ: Sie sehen eher nach einem Model und nicht nach einer harten Motorradrennfahrerin aus ...Sabine Holbrook: „Schönheit liegt im Auge des Betrachters". So sagt man, glaube ich. Aber ja, von der Statur her bin ich eher schlank und nicht sehr massig, was vielleicht eher dem Modeltyp entspricht.
Sie sind recht spät zum Motorradfahren gekommen und wurden doch Rennfahrerin.Obwohl ich meinen Führerschein erst sehr spät gemacht habe, attestierte mir mein Fahrlehrer Talent aber auch zuviel Temperament. Also bat er mich, zuerst ein Fahrsicherheitstraining zu machen. Am Ende dieses Trainings durften wir eine geführte Runde auf der Rennstrecke fahren. Ab da war ich mit dem „Racing-Virus" infiziert. Ich wusste: Davon will ich mehr! Seit diesem Zeitpunkt lebe ich meine Leidenschaft.
Gab es einen Schlüsselmoment, der Sie „angesteckt" hat?Als ich auf der Rennstrecke mein Motorrad zum ersten Mal frei laufenlassen konnte. Ich spürte den Kurvenspeed, die Beschleunigungskräfte, das Adrenalin ... All das erzeugte ein schwer zu erklärendes Gefühl.
Können Sie sich an Ihr erstes Rennen erinnern?Sicher! Ich fuhr damals noch nicht einmal drei Monate Motorrad. Ich fragte den Veranstalter, ob ich mich am Ende des Starterfelds anstellen darf. Er erlaubte es mir. Meine Nervosität war so gross, dass ich dachte, ich müsste mich in meinen Helm übergeben. Am Ende wurde ich nicht einmal Letzte.
Wie waren oder sind die Reaktionen der männlichen Kollegen? Immerhin fahren sie in der obersten Klasse.Grundsätzlich versuche ich immer, freundlich und offen auf meine Kollegen zuzugehen, was gewisse Vorurteile hoffentlich von vornherein beseitigt. Natürlich sind wir am Schluss alle Gegner, die um Punkte und Platzierungen kämpfen. In der SBK fahren nur die Besten gegeneinander, daher ist die Luft dünn. Es werden nicht nur Nettigkeiten ausgetauscht und ab und zu spüre ich auch etwas Neid.
Sie sind in einer festen Beziehung und haben zwei Kinder. Bei Ihnen dreht sich sicherlich alles ums Motorrad. Wird beim Abendessen über Zweiräder und Motoröl gesprochen?Oh ja! Sehr oft sogar. Oder über alles, was sonst noch so zum Motorsport oder dem Team gehört. Das ist ein ganz großer Teil von uns und macht uns auch aus.
Wie kommt Ihre Familie damit klar?Meine Familie lebt das mit mir, sonst wäre das nicht möglich. Natürlich haben meine Kinder auch ihre Themen, die wir besprechen und für die ich ihnen Zeit und Gehör schenke.
Haben sie mehr weibliche oder männliche Fans?Ich glaube, das hält sich die Waage. Der Motorsport hat wohl mehr männliche Anhänger. Ich habe generell ganz fantastische Fans und Unterstützer. Mir persönlich bedeutet es unglaublich viel, wenn ich liebe Kommentare, volle Begeisterung für das, was ich tue, oder aufmunternde Worte von Menschen bekomme. Ich versuche, so gut es geht, auch immer zu antworten.
Welche große Herausforderung ist noch vor Ihnen?Richtig schnell werden!
Wo sieht sich Sabine Holbrook zukünftig in der Motorwelt?Weiterhin im aktiven Rennsport. Hoffentlich immer weiter vorne in den Platzierungen. Ich möchte dieses Jahr versuchen, gemeinsam mit meinen Partnern, auch eine Rennserie in der Wintersaison im Ausland zu fahren. Und ich hoffe, dass ich mit meiner Leidenschaft für den Motorrad-Rennsport viele begeistern kann, es einmal selbst zu versuchen.