Von Miltiadis Oulios
Beim Projekt "Schule des Lebens" vom Schauspiel Köln erarbeiten junge Migranten unter der Regie von Basam Ghazi kleine Stücke. Das erste, "Mein Kültürcafe", hat jetzt in einem echten türkischen Café auf der Kölner Keupstraße Premiere.
Neben Handyläden und Döner-Restaurants liegt das "Sabahci Kahvesi". Ältere Männer spielen dort Karten. Das Theaterpublikum geht in den hinteren Raum durch. Dort empfängt sie laute Musik. An runden Zocker-Tischen in rotem Samt stehen junge Männer und Frauen. Sie reiben sich mit Kolonia, türkischem Parfumwasser, die Hände ein.
Einige der Theatergäste haben sich zur zierlichen Maryam Madiyar gesetzt. Die 26-Jährige mit den wallenden, roten Haaren begrüßt sie auf persisch. Es gibt Tee und Gebäck. Aber Maryam gefällt es hier nicht. Sie wäre lieber in einem richtigen Kultur-Café.
Maryam zieht ein schwarzes Sakko an, klebt sich einen Schnurrbart auf die Oberlippe.
Maryam holt einen Zettel raus und schreibt vier Buchstaben auf: N. A. Z. I.
Am Tisch daneben erzählt Abou Traore, dass er in Liberia geboren wurde und anfangs William hieß. Als er zur Familie seiner muslimischen Mutter kam, wurde sein Name in Abou geändert. Die Darsteller wissen, sie sind hier in der Rolle der Exoten. Und machen ein Spiel daraus.
17 junge Leute zwischen 19 und 29 Jahren machen bei der "Schule des Lebens" des Schauspiel Köln mit. Viele wohnen in der Nachbarschaft und sind in typischen Einwanderervierteln Kölns aufgewachsen. Die Hälfte geht an die benachbarte Abendschule und holt einen Schulabschluss nach.
Seit einigen Monaten arbeiten sie nun unter der Regie des Theatermachers Basam Ghazi an der Frage "Wie wollen wir zusammen leben?". In "Mein Kültür-Cafe" spielt der 22-jährige Erenay Gül dafür einen Sympathisanten der AfD.
Im Laufe des Abends tanzen sie, singen kurdische Lieder oder zitieren Ernst Jandl. Hier spielen junge Darsteller, die die Einwanderungsgesellschaft der Stadt widerspiegeln. Und die unsere Erwartungen durchkreuzen. Für Thomas Laue, Chef-Dramaturg am Schauspiel Köln ist das ein Fundus:
Und doch ist am Ende zu oft von den "Jugendlichen", den "Schülern" die Rede, die hier etwas fürs Leben lernen sollen. Dabei sollte man sie als Künstler ernst nehmen. Nur so kann sich das Schauspiel nachhaltiger öffnen. Für neues Publikum und neue Darsteller.
Info: "Mein Kültür Café" des Schauspiel Köln läuft an zehn Terminen bis Anfang Juni. Ist aber weitgehend ausverkauft. Freie Plätze gibt es noch für die Vorstellungen am 4. Juni und am 5. Juni im Rahmen des Birlikte-Festivals.