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Busfahrer: „Immer mehr Fahrgäste tragen keine Maske"

Während einige andere Corona-Regelungen mittlerweile wieder gelockert wurden, herrscht noch immer Maskenpflicht in Wiesbadener Bussen. Wer seit dem 27. April mit dem Bus fährt, muss vom Einstieg bis zum Ende seiner Fahrt Mund und Nase bedeckt halten. Dabei ist es egal, ob man eine gekaufte OP-Maske, eine selbstgenähte Variante oder ein Tuch trägt. Durch das Tragen der Mund-Nase-Bedeckung sollen vor allem andere davor geschützt werden, sich mit dem Virus zu infizieren, um die Verbreitung so einzudämmen.


Seitdem die Pflicht eingeführt wurde, sind über drei Monate vergangen. Halten sich die Fahrgäste noch daran? Wir haben mit Wiesbadener Busfahrern - die namentlich nicht genannt werden wollen - darüber gesprochen. Sie ziehen eine ernüchternde Bilanz.


Negative Entwicklung seit Beginn der Pflicht


„Ich beobachte, dass immer mehr Fahrgäste keine Maske tragen", erzählt ein Busfahrer. Ältere Menschen würden es meist nicht einsehen, während einigen jüngeren Fahrgästen die Pflicht scheinbar einfach egal sei, so der Busfahrer. Viele würden die Masken auch nur über dem Mund und nicht über Mund und Nase tragen. Er muss häufiger als zu Beginn der Pandemie die Ansage im Bus laufen lassen, die auf die Pflicht hinweist. Eine seiner Kolleginnen berichtet ähnliches. Sie beobachtet, dass viele die Pflicht nicht mehr ernst nehmen, seitdem andere Corona-Regeln gelockert wurden. „Das macht einen irgendwie stutzig und nachdenklich, ob wir dadurch noch lange keine Normalität zurück bekommen", sagt sie.


Respektloses Verhalten gegenüber Busfahrern

Insgesamt habe sich die Stimmung der Fahrgäste verschlechtert. „Die Leute werden immer aggressiver, wenn es um die Maskenpflicht geht. Das ist sehr bedenklich", berichtet der Busfahrer. Immer wieder komme es deshalb zu Diskussionen zwischen Fahrgästen. „Letzte Woche wollten eine ältere Frau und ihr Begleiter keine Maske tragen, weil sie meinten, das würde sowieso nichts bringen. Fahrgäste haben sie darauf angesprochen und auch ich habe mich dann eingemischt."


Wohin solche Diskussionen im Zusammenhang mit der Maskenpflicht im schlimmsten Fall führen können, konnte man in den vergangenen Wochen in anderen Ländern und Städten beobachten. In Frankreich ist ein Busfahrer im Juli an seinen Verletzungen gestorben, nachdem er von Fahrgästen zusammengeschlagen wurde, die er auf die Pflicht aufmerksam gemacht hatte. Auch in Oldenburg wurde ein Busfahrer deshalb verprügelt.


Der Busfahrerin macht diese Entwicklung Angst: „Die Menschen werden respektloser und leider muss ich sagen: ,Ja, die Angst, dass mir eines Tages mal ein Fahrgast ins Gesicht prügelt ist da", sagt sie dazu. „Selbst privat, traue ich mich alleine Abends nicht mehr raus. Durch Corona und die heißen Sommertage sind manche sowieso schneller genervt, so mein Gefühl!".


Busfahrer sollen nicht eingreifen

Aus diesem Grund sollen die Busfahrer auch nicht persönlich eingreifen, wenn jemand keine Maske trägt. „Wir wollen nicht, dass unsere Busfahrerinnen und -fahrer in Konflikte oder Handgreiflichkeiten mit Fahrgästen aufgrund des Themas Maskenpflicht verwickelt werden", sagt Christian Giesen von ESWE Verkehr dazu. Sie sind stattdessen dazu angehalten, das Band im Bus ablaufen zu lassen. „Zudem kann unser Personal die Maskenpflicht in letzter Konsequenz nicht juristisch durchsetzen." Deshalb habe es bereits Kontrollen der Ordnungsbehörde gegeben, bei denen Bußgelder an Menschen ohne Schutzmaske im Bus verteilt wurden. In Hessen wird ein Bußgeld von 50 Euro laut Innenministerium aber erst dann verhängt, „wenn bei Kontrollen im Einzelfall ein bewusster oder wiederholter willentlicher Verstoß gegen die jeweils geltenden Pflichten festgestellt wird".


Auch sonst weise ESWE Verkehr an vielen Stellen auf die Pflicht hin - nicht nur im Bus, sondern auch an Großhaltestellen in der Innenstadt. Hinzu kämen Aufkleber an den Bussen und Plakate und Aushänge im Fahrzeug, sowie Hinweise auf rund 100 digitalen Abfahrtstafeln. Auch die Kontrolleure würden Fahrgäste ohne Maske auf die Pflicht aufmerksam machen.


Busfahrer wünschen sich, dass sich Fahrgäste an Pflicht halten


Die beiden Busfahrer appellieren vor allem an die Vernunft der Fahrgäste: „Ich wünsche mir von den ganzen Menschen da draußen, dass die sich konkret an die Maskenpflicht halten und den Mindestabstand einhalten. Nur somit können wir wieder ein ganz normales Leben führen, ohne Hindernisse", sagt die Busfahrerin. „Ich sitze teilweise acht Stunden lang in diesem Bus, es ist mir einfach nicht egal, wenn Leute keine Maske tragen", sagt der Busfahrer. Er würde sich außerdem wünschen, dass ESWE Verkehr noch eindringlicher auf die Pflicht aufmerksam macht. Ob mit strengeren Ansagen, weiteren Hinweisen oder mehr Kontrollen.


ESWE Verkehr will bald eine eigene Wiesbadener Kampagne dazu starten, wie Corona das Unternehmen verändert hat und was das für die Fahrgäste speziell bedeutet, so der Sprecher des Unternehmens. „Darin wird es auch nochmal besonders um die Maskenpflicht gehen." (js)

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