Dass er mit der Unternehmensidee, ein qualitativ hochwertiges deutsches Bier für Indien zu produzieren, einen geschäftlichen Durchbruch erlangen wird, davon ist Christian Klemenz vor acht Jahren ausgegangen. „Sonst fängt man damit gar nicht erst an", ist der mit gesundem Selbstbewusstsein ausgestattete Bamberger überzeugt.
St. Erhard beginnt als Kellerbier in der KlarglasflascheDie Initialzündung für sein anfängliches Export-Business greift der Betriebsökonom bei einem Auslandssemester in Indien auf, „weil es dort kein einziges, handwerklich gebrautes Bier aus Deutschland gab". Für ihn als Uni-Absolvent der richtige Zeitpunkt, um durchzustarten. „Ich hatte nichts zu verlieren", erinnert er sich.
Christian Klemenz verbindet daraufhin als Oberfranke seine Leidenschaft für Spezialitätenbier mit seinem Streben, ein eigenes Unternehmen zu leiten, erstellt einen Businessplan und bringt die deutsche Kreativbiermarke St. Erhard an den Start Richtung Indien: Ein fränkisches Kellerbier in einer Klarglasflasche, wenig hopfenbetont und eng verbunden mit der fränkischen Biertradition.
„Den Begriff Craft Beer kannte ich bei der Unternehmensgründung nicht", sagt er. Doch Bier-Spezialitäten hätten für ihn immer einen besonderen Stellenwert gehabt. „In Oberfranken ist es nicht außergewöhnlich und im Freundeskreis üblich, sich über Biere von kleinen Brauereien zu unterhalten. Dieses Verständnis von hochwertigem Bier und die Leidenschaft dafür ist mir in die Wiege gelegt", erzählt Klemenz, der mit „missionarischem Eifer" bereits seine Kommilitonen in Leipzig und München mit fränkischem Bier versorgt hat.
St. Erhard wandert rasch von Kontinent zu KontinentZiemlich bald nach Exportbeginn bereist das St. Erhard'sche Kreativbier, das seinen Namen dem fränkischen Wanderheiligen St. Erhard zu verdanken hat, mehrere Kontinente und bewandert neben Indien auch Hongkong, Mexiko oder Neuseeland. „Neue Kontakte sind entstanden, das Netzwerk hat sich vergrößert, die internationale Craft Beer-Szene ist zusammengewachsen, und wir haben erkannt, in Sachen Craft Beer tut sich international noch viel mehr. Doch die Handelsstruktur fehlte", sagt Christian Klemenz, der daraufhin mit seiner Bierothek eine solche für das eigene St. Erhard-Bier sowie andere Kreativbier-Missionare geschaffen hat.
Mittlerweile existieren neun dieser Fachgeschäfte für nationale und internationale Bierspezialitäten innerhalb Deutschlands, die zum Teil selbst sowie durch Franchise-Nehmer betrieben werden, Kreativbiere von kleinen Brauereien anbieten und dem nationalen Kreativbier-Geschäft Bedeutung zumessen, Einzel- als auch Großhandelsfunktion ausüben, gastronomische Einrichtungen mit Kreativbieren versorgen, importieren, exportieren oder Vertriebsfunktion für Partnermarken beispielsweise aus München, Nürnberg oder Schleswig-Holstein übernehmen.
Durch den eigenen Handelsbetrieb der Bierothek bleibt das St. Erhard-Team nahe am Endkunden. „Das ist ein großer Vorteil", findet Christian Klemenz, Hauptanteilseigner und alleiniger Geschäftsführer eines nun bis zu 80 Mitarbeitern starken Unternehmens, und erklärt: „Wir haben das Ohr an unseren Kunden in den Läden. Wenn sie nach bestimmten Bierstilen fragen, springen wir in die Bresche."
Trotzdem noch klassischer KuckucksbrauerDieser Anregung zufolge sei das St. Erhard Mayflower, ein New England IPA, entstanden, das mit dem St. Erhard Original, dem St. Erhard-Saison nach belgischem Vorbild und dem St. Erhard Farmer, ein Farm House IPA, die St. Erhard Core Range komplettiert.
Eine eigene Brauanlage besitzt die Marke St. Erhard nicht, wohl aber Vincent Bartl als eigenen Braumeister. „Wir sind klassische Kuckucksbrauer mit unterschiedlichen Braupartnern", teilt Christian Klemenz mit. Als Hauptbrau-Partner zeichnet von Beginn an die Brauerei Rittmayer in Hallendorf verantwortlich, die bereits das St. Erhard Original gebraut hat. An neuen Ideen wird in der Versuchsbrauerei in der Bamberger Zentrale gemeinsam im Team getüftelt. „Diese entspricht zwar einem Hobbybrauermaßstab, aber für die Rezeptentwicklung ist sie ausreichend. Wenn die Rezeptur so weit passt, gelangt sie zu einem Brau-Partner, wir kaufen die Rohstoffe", beschreibt Unternehmer Christian Klemenz die Herstellung.
Die Nähe zum Produkt dürfe allerdings nie verloren gehen und sei unerlässlich. „Ich bin überzeugt - und das gilt für das ganze Team - dass unsere Leidenschaft für das Produkt maßgeblich für den Erfolg ist", findet der ausgebildete Bier-Sommelier.
St. Erhard: Redesign und ErweiterungGenaue Erfolgszahlen kommuniziert das Unternehmen nicht. „Aber man kann sagen, dass wir uns umsatzmäßig in den letzten drei Jahren fast verdoppelt haben. Wir werden in diesem Jahr eine niedrige, vierstellige Hektoliterzahl produzieren", prognostiziert der Geschäftsführer. Das gilt für das Hauptsortiment von St. Erhard als auch für die jeweils eigens kreierten und selbst produzierten Hausbiere der Bierotheken wie etwa dem Skyline Red Ale von St. Erhard in Frankfurt oder Evora-Bier aus einer Fürther Brauerei.
„Wir werden noch mehr Biere entwickeln", verrät der St. Erhard-Produzent und Händler in Personalunion. Um diese zukünftige Flotte endlos erweiterbar auf dem Markt visuell wiedererkennbar zu platzieren, wurde die Kreativbier-Marke aus Bamberg einem Redesign unterzogen, die Flaschengestaltung durch den schwedischen Designer Perniclas Bedow in eine einheitliche Linie übertragen. Ausgenommen davon: Das Ausgangsprodukt St. Erhard Original, das ursprünglich als Exportprodukt für Indien konzipiert und produziert worden ist und den Grundstein für die craftige Weiterentwicklung der St. Erhard-Biere und ihrer Vertriebsschiene gelegt hat. Seine Klarglasflasche wurde 2014 mit dem German Design Award ausgezeichnet.
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