In der nervtötenden anhaltenden Diskussion um Helene Hegemanns „Axolotl Roadkill" haben Kulturredakteure das Wort „Samplen" für sich entdeckt, und auf einmal war Abschreiben eine jahrhundertealte Kulturtechnik. Jetzt kommt einer, dessen Zeilen auch bereits von anderen Menschen prominent im Munde geführt wurden, einer, der mit seiner Band Kolossale Jugend und im Schulterschluss mit Tobias Levins Cpt.Kirk & die ganze Hamburger „Referenzhölle" erst anfachte. Hier kann man tatsächlich etwas über Samplen, De- und Rekonstruktion lernen. „Bourgeois With Guitar", das Kristof Schreuf gemeinsam mit Levin aufnahm, beginnt mit einer A-Cappella-Version von „My Generation" auf die Melodie von „Scarborough Fair"; in seine Version des Protopunkstücks „Search and Destroy" der Stooges mischt sich eine Gitarrenlinie der Doors: Die kalte Fusion von Unvereinbarkeiten, und das in einem Liedermachergewand, das kaum mehr als Schreufs Stimme und eine elektrische Gitarre benötigt, gibt Zitatpop das Ansehen zurück. Im Titelstück, dem einzigen, das stolz und unberührt als Eigenkomposition dasteht, singt er „Ich sehe aus wie ein Mensch, damit man mich erkennt. Aber vom Kopf bis zu den Zehen bin ich ein Riss, ich will durch Wände gehen." So vertraut und doch nicht von dieser Welt ist das ganze Album.
(Text ist ursprünglich erschienen in Szene Hamburg, April 2010)