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Pulled Apart By Horses live in Hamburg

Hamburg, Molotow-Exil 


Sänger Tom Hudson ist ein bisschen verwirrt: "It's nice to play the Molotow-but-not-the-Molotow!" Dreimal haben Pulled Apart By Horses in dem Hamburger Laden gespielt, jetzt halt im Exil, der Übergangslösung in einem ehemaligen Möbelhaus. Wenn sie das nächste Mal nach Hamburg kommen, wird schon wieder ein anderer Ort den legendären Namen tragen, dann zurück auf der Reeperbahn. Dass die Band der Location so treu verbunden ist, hat irgendwie mit den Grenzen des Wachstums zu tun: Anders als Wolfmother oder Mumford And Sons, die sentimental an die Wand plakatiert sind, sind sie nicht zu groß für den (ehemaligen) Kellerclub geworden. Macht ja nichts, so lange man treue Fans hat: Das Molotow-Exil ist ausverkauft - auch wenn die vergleichsweise luftige Konzertsituation auf ein großzügiges Kontingent Gästeliste hinweist, das offenbar mehrheitlich vor der Tür raucht. Vor Pulled Apart By Horses spielen Dinosaur Pile-Up, was ja schon rein evolutionschronologisch sinnvoll ist. Ihr lärmverliebter Trio-Rock trifft auf ein verhalten-freundliches Publikum, das ein in den Zuschauerraum gebrülltes "Can I get a HEY!?" eher pflichtschuldig als grundüberzeugt beantwortet. Nachdem diese sehr schön unaufgeräumten Grunge-Gedenkminuten vorbei sind, sorgen Pulled Apart By Horses für Ordnung: Die Band aus Leeds spielt den präziseren Hardrock, ein bisschen Rhythmus-Gehakel beweist, dass im Proberaum auch geprobt wurde. Im November erscheint das dritte Album der Briten mit dem Namen "Blood", mit "Hot Squash", der ersten Single daraus, beginnt das Konzert: ein trudelnder Instrumental-Loop, dann gibt es die volle Breitseite der Band. Haare fliegen, jemand schreit: Pulled Apart By Horses sind heavy, wenngleich mit einer spürbaren Verbundenheit zum Pop. Die Plattenfirma schlägt als Referenzgrößen die amerikanischen Mastodon und Queens Of The Stone Age vor, was sicherlich nicht falsch ist. Die geographisch näher liegenden The Cooper Temple Clause und Biffy Clyro aus England bzw. Schottland kann man allerdings auch irgendwo im Erbgut ausmachen, und sei es nur in der Feststellung, dass nicht alles von der Insel unbedingt twee ist. US-Gitarrenmusik ist dennoch wichtig: In die Mitte des Sets kracht eine rührend werktreue Cover-Version des Stooges-Klassikers "I Wanna Be Your Dog" - einer der stumpfesten, brillantesten Rock'n'Roll-Songs aller Zeiten, der mit der gebotenen Mischung aus Zurückhaltung und Ausrasten dargeboten wird. Jetzt wacht auch endlich der Moshpit auf, obwohl sich die Band bislang redlich um ihn bemühte. Hudson ist die ganze Zeit freundlich und plauderig, freut sich über die Nähe der Bühne zum Club-Klo und teilt Leute in "Shitters" und "Pissers" ein. Ein guter Gastgeber im geschmackssicheren Pissed Jeans-T-Shirt, der mit Jeans, Bart und langen Haaren im Andrew-W.K.-Gedächtnis-Look gekommen ist und ähnlich hart zu feiern gedenkt. Man kann sich jedenfalls vorstellen, mit den vier Lads aus Leeds gepflegt ein, zwei Dosen Bier an die Stirn zu knallen. (Aber es ist Dienstagabend, und morgen müssen wir schließlich alle wieder arbeiten.) Zum Schluss darf der Gitarrist noch vom Getränketresen ins Publikum hüpfen, dann ist es schon zehn Uhr und man muss im Exil die Musik leise machen. Die Band geht ohne Zugabe von der Bühne, es verlangt auch keiner danach. Typisch für the Molotow, but not the Molotow.

(Veröffentlicht am 09.09.2014)

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