Die Musik des britischen Songwriters Tim Crabtree ist nachdenklich und akustisch. Um seinen eigenen Ton zu finden, musste er allerdings weit weg von der Insel.
"Schere, Stein, Papier": Das Spiel kennt jedes Kind. Im Idealfall löst
es Konflikte, denn die Regeln sind ganz klar. Wäre da nicht der Brite
Tim Crabtree, der sich als Paper Beat Scissors nennt und mit seinem
Indiefolk für ein Ungleichgewicht zugunsten des Papiers sorgen möchte.
Ein ambitioniertes Projekt für nur einen Mann. "Ich mache mir selbst
eine Menge Druck", sagt Crabtree. "Daher arbeite ich gerne mit anderen
Musikern zusammen, um meinem eigenen Kopf zu entkommen. Die Gefahr ist
groß, alles zu zerdenken."
Die Entstehung seines Debütalbums stand zunächst unter keinem guten
Stern, was die große Nachdenklichkeit Crabtrees auch etwas erklärt. "Ich
war im Begriff, kanadischer Bürger zu werden und das ist sehr
kompliziert. Ich bin 2004 als Student von England nach Kanada gezogen
und wollte mich auf die Musik konzentrieren, aber ich durfte nicht
arbeiten während dieser Zeit. Ich wusste nicht, ob ich die
Aufenthaltsgenehmigung bekomme, ob ich hier bleiben kann mit meinen
Freunden und meiner Freundin. Ich hatte schon Wurzeln geschlagen und
lebte trotzdem drei Jahre in permanenter Unsicherheit. Das war hart."
Geschafft hat er es letztlich doch. Jetzt ist Kanada die einzig wahre
Heimat für Paper Beat Scissors. "Es gibt hier eine wundervolle lokale
Musikszene. In England dagegen musst du deine Krallen ausfahren und dir
den Weg freikämpfen", sagt er - und findet auch für seine neuen
Mitmenschen nur gute Worte. "Die sind positiv, freundlich, entsprechen
also ganz dem Klischee. Mir fehlte anfangs fast schon das grummelige,
mies gelaunte britische Temperament. Aber ich habe mich schnell an die
Herzlichkeit gewöhnt."
Das hört man den minimalistischen und auf subtile Weise detaillierten
Akustiksongs an, die er manchmal mit sanfter Elektronik überzieht. Kann
das Papier also doch die Schere und die Feder das Schwert besiegen?
Crabtree denkt einige Sekunden lang nach. "Ich wünschte, es wäre so",
sagt er dann. "Aber schaut man sich die Welt heute an, sieht es leider
nicht danach aus. Aber es wäre doch schön, oder? So habe ich jedenfalls
selbst nie über den Namen nachgedacht. Mir gefällt diese Idee. Sehr."
"Paper Beat Scissors" ist Ende September erschienen.
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