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"Ausschiffungsplattform" und "Pull-Faktor": Begriffe der Asylpolitik

Ankerzentrum

Dieser Begriff ist seit einigen Monaten im Umlauf und steht im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Der Anker erinnert an die Seefahrt. Hier bedeutet „AnKER" aber „Ankunft, Entscheidung, kommunale Verteilung bzw. Rückführung". Es handelt sich um Zentren, in denen alle zuständigen Behörden - von der Ausländerbehörde über das Arbeitsamt bis hin zu Polizei und Justiz - zusammenarbeiten sollen, um nach der Entscheidung über Bleiben oder Gehen möglichst schnell Angebote für Integration und Beschäftigung zu machen oder dafür zu sorgen, dass ein abgelehnter Asylbewerber zügig wieder das Land verlässt.

Ausschiffungsplattformen

Im Bürokratendeutsch auch „Anlandeplattformen" genannt. Hier kommt die Vorstellung einer Kreuzfahrt auf. In der Asylpolitik handelt es sich um Auffanglager, die außerhalb der Europäischen Union entstehen sollen. Der Plan ist, jene Menschen dorthin zu schicken, die im Mittelmeer aufgegriffen werden. Bislang werden sie nach Europa gebracht. In den Lagern sollen das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und die Internationale Organisation für Migration die Menschen entweder als „Flüchtling" oder als „Migrant" registrieren. Wer als Flüchtling anerkannt ist, hat eine Chance, in die EU gebracht zu werden. Das nennt sich dann „Neuansiedlung" (auch: „Resettlement").

Externe Dimension

Es geht um den Umgang mit Flüchtlingen und Migranten außerhalb der EU. So wird derzeit geprüft, in welchen Ländern in Nordafrika oder auf dem Balkan künftig Auffanglager eingerichtet werden können. Auch beispielsweise Verträge zwischen der EU und afrikanischen Ländern über die Rücknahme ihrer Staatsbürger fallen unter diese Begriffskonstruktion.

Interne Dimension

Gemeint ist die Asylpolitik innerhalb der EU, es geht um Vereinbarungen, wer welche Flüchtlinge aufnimmt und wer für welche Migranten verantwortlich ist. Die Grundlage dafür ist die „Dublin-Verordnung", die regelt, welcher EU-Staat für welchen Asylbewerber zuständig ist.

Irreguläre Migration

Dabei geht es um die Menschen, die auf illegalem Weg von einem Land ins andere kommen.

Kontrollierte Zentren

Im Gegensatz zu den „Plattformen" sollen die kontrollierten Zentren innerhalb der EU entstehen. Als ein Vorbild dafür dürften die Auffanglager auf den griechischen Inseln dienen (auch „Hotspots" genannt). „Hotspot" klingt modern und effizient, erinnert an Internet und Latte Macchiato. Doch die „Hotspots" in Griechenland sind alles andere: Menschenrechtler beklagen regelmäßig schlimme Zustände, häufig kommt es zu Gewalt.

Pull-Faktor

Auch Sogwirkung genannt. „Push" und „Pull" sind Begriffe aus der Ökonomie. So zielt die „Pull"-Strategie darauf ab, Kunden anzulocken. Im Zusammenhang mit Flucht und Migration wird der Begriff verwendet, wenn davon die Rede ist, dass Menschen etwa wegen höherer Löhne oder besserer Gesundheitssysteme nach Deutschland kommen. Auch schnelle Asylverfahren können demnach „Pull"-Faktoren sein.

Sekundärmigration

Viele Menschen, die in Spanien, Italien oder Griechenland ankommen, reisen auf eigene Faust weiter nach Norden, zum Beispiel nach Deutschland. Diese Art der Migration wird als „Sekundärmigration" bezeichnet.

Transitzentren

Der Begriff „Transit" bedeutet laut Duden die „Durchfuhr von Waren oder Durchreise von Personen durch ein Drittland". Viele erinnern sich noch, dass es zu DDR-Zeiten die Transitautobahn von und nach West-Berlin gab. Heute kennt man den Transitbereich vor allem vom Flughafen als jenen Bereich, in dem man von einem Flugzeug zum anderen kommt. In Deutschland sollen künftig Asylbewerber, für die eigentlich ein anderes Land zuständig wäre, in Transitzentren an der Grenze zu Österreich festgehalten werden. Diese sollen rechtlich als exterritoriales Gebiet gelten, als ob sie außerhalb des Landes wären. Nach dieser Logik ist die Abschiebung (auch: „Rückführung") schneller möglich, weil die Menschen ja nicht wirklich eingereist sind - der Begriff dazu: „Fiktion der Nichteinreise". (epd/mig)

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