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Gesichtserkennung gegen den Terror?

Innenpolitiker von CDU und CSU fordern, die Polizei durch den Einsatz von Software zur Gesichtserkennung zu unterstützen. Damit soll das Land sicherer werden. Und es soll Terroristen abschrecken. Haben wir bald vernetzte, hochmoderne Kameras an jedem wichtigen Ort?

Sie betreten ein Einkaufszentrum. Eine Videokamera filmt ihr Gesicht. Sekunden später taucht auf den Tablet-Computern der Verkäufer eine Art Personenbeschreibung auf. Mit ihren biografischen Daten, ihrer Adresse, ihren Interessen. Im Zweifel wissen die Verkäufer sogar, was der Grund für ihren Besuch im Einkaufszentrum ist - eine ihrer letzten Suchanfragen im Internet hat es ihnen verraten. Noch mag das alles nach ferner Zukunft klingen. Aber technisch ist vieles davon bereits möglich.

Und nicht nur im privatwirtschaftlichen Bereich spielt Software zur Gesichtserkennung inzwischen eine große Rolle. Auch Politiker verweisen in ihren Forderungskatalogen zur inneren Sicherheit gerne darauf, den Einsatz entsprechender Systeme zu unterstützen. Die Technik soll nach Plänen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schon bald an Bahnhöfen, Flughäfen und öffentlichen Plätzen zum Einsatz kommen. Kriminelle und Verdächtige sollen so identifiziert werden - damit Polizisten sie durchsuchen, observieren oder gegebenenfalls festnehmen können. Eine Übersicht der wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie funktioniert „intelligente Videoüberwachung"?

Das Zauberwort lautet Biometrie, also die computerbasierte Messung und Analyse biologischer Daten. Bei der Gesichtserkennung vermisst die Software tausende Details im Gesicht eines Menschen - und vergleicht die Aufnahmen der Überwachungskamera mit in der Datenbank hinterlegten Fotos. So könnten tatsächlich gesuchte Kriminelle erkannt werden, wenn die Kamera ausreichend detaillierte Bilder liefert und aussagekräftige Fahndungsfotos hinterlegt sind. Und wenn der Gesuchte oder Verdächtige sich von einer der Kameras filmen lässt.

Aber die Pläne gehen noch weiter. Bereits 2009 hat die EU ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, bei dem Computer mithilfe von Videoaufnahmen kriminelles Verhalten bemerken sollten. Schon das Vergessen eines Gepäckstücks galt dabei als „abnormal" - und potenziell gefährlich. Die Systeme schlugen offenbar unzählige Male fälschlicherweise Alarm.

Wie zuverlässig ist die Trefferquote?

Stefan Ullrich von der Gesellschaft für Informatik sieht die Technik kritisch. „Selbst die Hersteller beziffern die Fehlerrate biometrischer Systeme unter idealen Laborbedingungen mit zwei Prozent", sagt der Wissenschaftler. „Das ist für den hoheitlichen Bereich unakzeptabel hoch. Wenn von einhundert Leuten zwei falsch identifiziert und dann unter verschärfte Beobachtung gestellt werden, werden höchstrichterlich festgestellte Grundrechte verletzt."

Datenschützer weisen zudem darauf hin, dass bereits die richtige Schminke oder ein mit einem Schal weitgehend verhülltes Gesicht die Technik vor unlösbare Herausforderungen stellen können.

Ist der Einsatz der Technik rechtlich möglich?

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