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Das Moskauer Luschniki-Stadion: Lenins Fußballtempel

Geschichtsträchtige Arena im Zentrum der russischen Hauptstadt: das Luschnikistadion

Rechtzeitig zur Fußball-WM 2018: Das Luschniki, Russlands größte und traditionsreichste Arena, wird auf Hochglanz renoviert. Dagegen gilt das ebenfalls in Moskau gelegene Spartak-Stadion als Spielstätte der einfachen Leute.

Erhaben und in imposanter Größe steht er vor der Arena, in heroischer Pose, den Blick in die Ferne gerichtet: Wladimir Iljitsch Lenin. Sein Denkmal erinnert daran, dass das Luschniki-Stadion zu Zeiten der Sowjetunion Lenin Zentralstadion hieß. Die Fußball­arena in Moskau ist mit 81.000 Plätzen das größte Stadion des Landes. Im Luschniki sollen das Eröffnungsspiel und das Endspiel der Weltmeisterschaft im nächsten Jahr ausgetragen werden.

Das Stadion wurde 1956 fertiggestellt. Nach einer Modernisierung in den neunziger Jahren hatte es knapp 85.000 Plätze. Im Zuge des aktuellen Stadionumbaus, der in diesem Sommer abgeschlossen sein soll, wurde die Zahl der Sitzplätze reduziert. Fragen des Denkmalschutzes, aber auch die Kosten spielten hier eine Rolle. Der Leiter der Konstrukteure im Luschniki, Murat Achmadijew, ein Russe tatarischer Herkunft, sagte dieser Zeitung: „Mich reizt die Herausforderung des Umbaus. Ich bin kein Fußballfan, aber ein russischer Patriot." Voller Stolz fügt er hinzu: „Putin war bereits mehrere Male im Stadion und hat den Fortschritt der Arbeiten gelobt."

Beim Umbau wird besonders darauf geachtet, die ursprüngliche Architektur zu bewahren, weil das Stadion ein Stück sowjetischer Architekturgeschichte darstellt. „Wir erwarten etwa 26 Milliarden Rubel Baukosten", sagte Achmadijew. Umgerechnet werden also 420 Millionen Euro in diese Arena investiert.

Moskau ist die einzige russische Stadt, die zwei WM-Stadien besitzt. Die zweite Arena, in der WM Spiele, aber auch Partien des Confederations Cup ausgetragen werden, ist ein reiner Neubau. Es ist das Heimstadion von Spartak Moskau, einem der traditionsreichsten russischen Vereine. Spartak wurde zwölfmal sowjetischer Fußballmeister und seit 1992 neunmal russischer Meister. Spartak war in der sowjetischen Zeit immer der Klub der breiten Bevölkerung gewesen, während die Lokalkonkurrenten ZSKA Moskau und Dynamo Moskau die Unterstützung des sowjetischen Establishments genossen. Spartak besaß nie ein eigenes Stadion und musste immer in den Stadien anderer Vereine spielen.

2014 konnte Spartak schließlich ein eigenes Stadion beziehen. Bei einer Führung für ausländische Journalisten ist Julia, einer jungen Angestellten des Vereins, der Stolz auf das neue Stadion deutlich anzumerken. Die hochmoderne Arena ist ein sehenswertes Bauwerk. „Das Stadion bietet 45 000 Zuschauern Platz", so erklärte Julia. „Es ist zweimal im Jahr ausverkauft, in den Lokalderbys gegen ZSKA und Lokomotive Moskau." Die keineswegs befriedigende Auslastung liegt vor allem an der Mannschaft Spartaks, die in den vergangenen Jahren nie besser als auf Platz fünf der russischen Premjer Liga, der höchsten Spielklasse, abschnitt. Die Baukosten für dieses Stadion betrugen 14,5 Milliarden Rubel.

Schwierige Vorgeschichte

Es ist ein positives Signal an die russischen Fans, dass die Arena von Spartak, dem Klub der einfachen Leute, zum Austragungsort von WM und Confederations Cup ausgewählt wurde - und nicht das ebenfalls hochmoderne, 2016 eröffnete, Stadion von ZSKA Moskau. Vielleicht ist es auch ein Versuch, die schwierige Vorgeschichte der WM 2018 etwas vergessen zu machen. Immer noch stehen Vorwürfe im Raum, dass bei der Vergabe der WM an Russland Korruption im Spiel gewesen ist. Ähnliche Vorwürfe gibt es auch gegen Katar, Ausrichter des Turniers 2022, und gegen Südafrika und Deutschland, wo die WM in den Jahren 2010 und 2006 gespielt wurde. Auch die Gesamtkosten der WM sind für Russland mittlerweile ein Problem: 2015 hatte Russland den Etat um über eine halbe Milliarde Euro auf nun etwa 10 Milliarden Euro herabgesetzt. Grund war die Wirtschaftskrise des Landes.

Hinzu kommt ein weiteres Problem des russischen Fußballs: die zum Teil gewalttätige Fanszene. In der russischen Premjer Liga kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen gegnerischen Fangruppen. Zusätzlich haben Schlägereien russischer und englischer Fans bei der EM 2016 manche Befürchtungen bestätigt. Putin bezeichnete die Ausschreitungen als „Schande", doch fügte er hinzu: „Es wird dem Fußball weniger Aufmerksamkeit als den Schlägereien der Fans geschenkt." Es bleibt zu hoffen, dass die russischen Organisatoren die Fangewalt ernster nehmen als Putin, damit die WM nächstes Jahr friedlich verläuft.

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