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Kommentar: Die falschen BVB-Plakate gegen Homophobie sind ein erster Schritt - weitere müssen folgen

Unbekannte haben am Samstag (7. Dezember) in Dortmund Plakate aufgehängt, die sich gegen Homophobie im Fußball richten. Auf den Plakaten ist das Logo von Borussia Dortmund zu sehen - doch der Verein hat mit der Aktion nichts zu tun. RUHR24-Redakteur Martin Nefzger findet: Die Plakate sind eine gute Aktion, ändern aber nichts am Problem im Profi-Fußball. 


Dortmund - Fast sechs Jahre ist es her, dass sich der ehemalige Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger (37) erstmals öffentlich zu seiner Homosexualität äußerte. Er war der erste deutsch Profi- Fußballer, der diesen Schritt wagte. Und das erst nach Ende seiner Karriere.


Falsche BVB-Plakate: Homophobie im Profi-Fußball nach wie vor ein Problem

Und das nicht ohne Grund: Homophobie ist ein Problem im Profi- Fußball - vor sechs Jahren genau wie heute. "Schwuchtel" ist im Stadion ein gängiges Schimpfwort - auch in Dortmund. Dort haben Unbekannte jetzt aber zahlreiche Plakate aufgehängt, die sich gegen Homophobie im Fußball richten.


Auf den Plakaten ist das Logo von Borussia Dortmund zu sehen - Doch der Verein hat mit der Aktion nichts zu tun. Dennoch äußerte sich der Verein positiv über die Aktion, man unterstütze die Botschaft "voll und ganz". Mehrfach hat sich der BVB bereits für mehr Toleranz im Profi-Fußball ausgesprochen. An der teilweise schwulenfeindlichen Stimmung im Signal-Iduna Park ändert das wenig. Dort hatten im Sommer Fans ein Banner entrollt, auf dem sie Schalke-Spieler als als "Schwuchteln" beschimpften.


Besser ist die Situation bei Schalke allerdings auch nicht: Dort sorgte vor kurzem Benito Raman (24) für Schlagzeilen. In einem im Internet aufgetauchten Video sang er ein schwulenfeindliches Lied. Verein und Spieler entschuldigten sich und die Sache war scheinbar erledigt.


Falsche BVB-Plakate gegen Homophobie: schwule Profi-Fußballer unter enormem Druck

Für homosexuelle Spieler dürfte es dagegen nicht so einfach sein, solche Vorfälle zu vergessen. Kein Wunder also, dass bisher kein aktiver Profi- Fußballer in Deutschland zu seiner Homosexualität steht. Erst vor kurzem hatte sich auf Twitter ein schwuler Profi-Fußballer anonym zu Wort gemeldet. Ihm scheint es derzeit unmöglich, offen über seine Sexualität zu sprechen.


🙏 #BorussiaVerbindet In der Stadt Dortmund sind viele Plakate gegen Homophobie im BVB-Design aufgetaucht. Die Plakate sind nicht von uns. Die Botschaften unterstützen wir aber voll und ganz. #gegenhomophobie 🌈 pic.twitter.com/BLY5RJsoxO

- Borussia Dortmund (@BVB) December 7, 2019


Gründe für die Zurückhaltung gibt es viele. Angst vor negativen Auswirkungen auf die eigene Karriere und mögliche Reaktionen im Stadion sind wohl die wichtigsten. "Für denjenigen, der es tut, würde es sehr schwer werden. Wir stehen jedes Wochenende in den Stadien unter Druck", äußerte sich einst Philipp Lahm.


Studie zeigt: Homophobie ist im Profi-Fußball ein Problem

Und auch eine aktuelle Studie der Deutschen Sporthochschule Köln zeigt: Schwulenfeindlichkeit ist im Profi-Sport, also auch im Fußball, nach wie vor weit verbreitet. 96 Prozent der für die Studie befragten Sportlerinnen und Sportler gaben laut Deutschlandfunk an, dass Homo- und Transphobie ein Problem sei.


Die Studie zeigt aber auch: Es gibt Entwicklungen in die richtige Richtung. Auch wenn sie nach wie vor existent sind: Homophobe Beleidigungen werden heute im Stadien weniger geduldet als früher. Und auch die Vereine werben mit verschiedenen Aktionen für mehr Toleranz.


Die falschen BVB-Plakate sind ein erster Schritt - weitere müssen folgen

Klar: Diese Aktionen sind richtig und wichtig - aber genau wie die Plakate in Dortmund oft nur ein Symbol. Die Homophobie bleibt. Deshalb ist es wichtig, dass die Vereine noch bestimmter gegen Schwulenfeindlichkeit und jeder andere Art der Diskriminierung vorgehen. Sie müssen ihren homosexuellen Spielern und Fans zeigen, dass ein Coming-out keine negativen Folgen nach sich ziehen darf - und dann dafür sorgen.


Und auch die Fans selbst müssen aktiv werden und einschreiten, wenn es zu schwulenfeindlichen Äußerungen kommt. Auf Twitter schrieb ein Nutzer zu der Plakat-Aktion in Dortmund: "Homophobe können keine Borussen sein!" Richtig so! Vielleicht traut sich dann auch bald ein aktiver Profi- Fußballer, dem Beispiel von Thomas Hitzlsperger zu folgen.


Dieser Kommentar entspricht der Meinung des Autoren und muss nicht unbedingt die Ansicht der gesamten Redaktion widerspiegeln. Zum Original