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Auf Instagram: Diese drei Jungs sind das Sprachrohr der Lohrer Jugend

Wir treffen uns am Skaterplatz hinter der Stadthalle. Es ist der Ort der Lohrer Jugend. Es ist damit auch der Ort über den Benedikt, Gabriel und Oliver am häufigsten Witze machen. Die drei Schüler betreiben den Instagram-Kanal "Lohr_Memes", auf dem sie veröffentlichen, was man grob gesagt als "lustige Bilder über Lohr" beschreiben könnte. Bald werden sie damit die Marke von 1500 Abonnenten knacken. Das sind mehr als die Werbegemeinschaft Lohr hat und doppelt so viele Leute wie Bürgermeister Mario Paul auf der Plattform folgen. Im Interview sprechen die drei Jugendlichen über die schönen, schlechten und skurrilen Seiten Lohrs und was sie gemeinsam erreichen wollen. 


Frage: Verstehen eure Eltern oder Großeltern, was ein Meme ist?

Gabriel: Nicht so ganz.

Benedikt: Im Entferntesten. Ich habe es ihnen neulich erklärt.

Wie denn?

Oliver: Früher gab es mal Karikaturen, die humorvoll auf Missstände hingewiesen haben. Heute hat man dafür Memes.


Memes und Karikaturen unterscheiden sich dann aber doch. Was macht ein Meme aus?

Benedikt: Vor allem der Wiedererkennungswert. Man nimmt Szenen aus Film, Fernsehen und Popkultur und personalisiert sie so, dass sie auf die Stadt Lohr passen.

Oliver: Eins der letzten Memes, die wir gepostet haben, war eine Szene aus einem Marvel-Superhelden-Film. Da gibt Hulk Ant-Man einen Taco. Es soll eine nette aber etwas unnötige Geste symbolisieren. Jetzt hat Benedikt auf den Hulk ein Edeka-Logo gepackt, statt dem Taco Gutscheine und in den Hintergrund ein REWE-Schild. Die Kernbedeutung bleibt gleich: nett, aber unnötig. Jetzt bezieht sie sich aber darauf, dass gerade jeder Lohrer in den neuen Rewe will und keiner Edeka-Gutscheine braucht. 


Wieso das? 

Benedikt: In Lohr passiert sehr wenig. Da ist ein neuer Laden was Großes.

Gabriel: Und er ist halt mitten in der Stadt.

Klingt, als würdet ihr Geld für die Werbung kriegen.

Benedikt: Noch nicht (alle lachen).

Das ist das angesprochene Meme
Foto: Lohr Memes | Das ist das angesprochene Meme.


Euer Lieblingsmeme bisher?

Benedikt: Mir gefallen natürlich alle, sonst hätte ich sie nicht hochgeladen (alle lachen).

Gabriel: Man hat nicht unbedingt einen Lieblingswitz, sondern die lustigsten Momente entstehen, wenn es gerade zur Situation passt. Situationskomik eben.

Oliver: Man kann zum Beispiel 2021 schlecht ein Meme hochladen zur Festwoche 2016.


Wenn man euren Feed durchscrollt, kriegt man oft einen Eindruck, den ich euch als Frage zurückgeben möchte: Ist Lohr langweilig?

Oliver: Es gibt sehr wenige Veranstaltungen speziell für Jugendliche in Lohr. Man sieht es hier am Skaterplatz. Wir organisieren uns selbst. Auch im Park ist das ähnlich. Ich kenne jetzt in Lohr nicht die Events, auf die alle gehen. Würzburg und Aschaffenburg. Das sind die Städte, in die man als Lohrer Jugendlicher geht.


Ihr habt euch schon ganz oft über die Situation am Lohrer Skaterplatz lustig gemacht, über alkoholtrinkende Jugendliche, die vor der Polizei davon laufen zum Beispiel. Wie ist denn das Verhältnis zwischen Polizei und Lohrer Jugend?

Benedikt: Unsere Follower können uns ja Memes zuschicken. Da hab ich erst richtig gemerkt, wie viele Jugendliche aus den verschiedensten Gruppen da schon Berührungspunkte hatten und in dieser Situation waren. Ich war mal in der Nähe von einigen gesessen, von denen nur ein paar etwas getrunken hatten. Dann kam die Polizei, alle liefen sofort weg. Auch die, die eigentlich gar nichts gemacht haben.


Würde ein Stadtstrand was ändern? 

Oliver (ruft): Wo ist er?

Die Idee schwelt seit langem.

Benedikt: Ich erinnere mich nur daran, wann es das erste Mal verschoben wurde (alle lachen).


Nochmal zurück zu eurer Seite: Wie kam dir die Idee, Benedikt?

Benedikt: Es gab schon solche Seiten für andere Orte. Dann dachte ich einfach: Mach eine für Lohr, es gibt ja viele Dinge hier, über die man Witze machen kann. Und es kam gut an.


Hast du mit so viel Reichweite gerechnet? 1500 sind fast ein Zehntel alles Lohrer. 

Benedikt: Ich krieg das immer wieder mit, aber so wichtig ist diese Zahl nicht. Mein Hauptziel war es, Leute zum Lachen zu bringen, auch ein bisschen über Missstände aufzuklären und den Lohrer Humor widerzuspiegeln.


Jetzt werdet ihr gerade von Altmedien interviewt. Ist das nicht wie diese Zeit, in der sich alle Eltern auf einmal auf Facebook anmeldeten und es uncool wurde?

Alle: Neeee (lachen).

Benedikt: Wir haben eher Angst, dass uns jetzt, wo wir in der Öffentlichkeit stehen, wer die Bierflasche über den Kopf zieht (alle lachen wieder).


Ich gebe euch jetzt mal Stichworte und ihr sagt, was euch dazu einfällt. Thema 1: Frammersbach.

Benedikt: Die Rivalität würde ich gar nicht als Lohrer Jugendhumor bezeichnen. Das ist vor allem etwas, das bei den Älteren präsent ist. Wir machen uns eher darüber lustig. 

Gabriel: Das hat alles seine Wurzeln in der Religion, soweit ich weiß. Die Lohrer waren Katholiken, die Frammersbacher evangelisch.

Oliver: Inzwischen ist es einfach nur noch Kult.


Thema 2: Mario Paul.

Benedikt: Der folgt unserer Seite sogar. 


Stolz darauf? 

Benedikt: Puh. Das ist schon schön, aber nichts, womit ich jetzt prahlen würde. Wichtiger finde ich, dass Leute von Jung bis Alt die Seite gut finden. 


Thema 3: Leben in Lohr.

Oliver: Lohr ist schön, hier kann man gut leben. Beruflich ist es halt etwas anderes.

Benedikt: Stimmt.

Gabriel: Aber wir haben die Festwoche.


Thema 4: Laurenzi oder Festwoche?

Alle: Festwoche.


Thema 5: Lohrer Rapper.

Benedikt: Ja, da gibt es ein paar.

Oliver: Ich hab die Videos zugeschickt bekommen und dachte: Woah, das kommt aus Lohr? Ich bin jetzt nicht der krasseste Rap-Fan, aber andere Leute könnten das echt als Talent sehen.


Thema 6: Innenstadt?

Oliver: Entweder du hast ein Café oder du hast einen Klamottenladen. 


Thema 7: Bahnhof.

Oliver: …könnte ein bisschen mehr Liebe brauchen.

Benedikt: Die Unterführung riecht oft recht streng und die Automaten sind verschmiert.

Gabriel: Der muss einfach renoviert werden. So wäre er nämlich super.

Wie kommt ihr aus Lohr von Ort zu Ort?

Oliver: Meistens mit dem Zug, notfalls mit dem Bus.


Funktioniert das?

Oliver: Busfahren ist immerhin günstiger als Zugfahren. Nach Aschaffenburg und zurück kostet ja 20 Euro. Das ist komplett überteuert. Damit wären wir wieder bei dieser Polizeisache: Es gibt hier wenig und ohne Job ist das viel Geld. Viele fahren deshalb schwarz nach Aschaffenburg, werden erwischt und es gibt wieder mehr Ärger.


Was macht ihr gerade, wenn ihr nicht an Memes bastelt? 

Oliver: Da sind wir bei einem Ziel, das wir mit unserer Meme-Seite auch erreichen wollen. Wir wollen gerade jetzt ein Anlaufpunkt für alle Leute in der Umgebung sein, nicht nur Lohrer. Wir haben einen Discord-Server (eine Art Online-Forum, Anm. d. Redaktion) eröffnet. Ab und zu spielen wir Online-Gesellschaftsspiele. Da schreiben wir spontan auf unserer Seite: Hey, wir spielen jetzt das und das. Dabei quatschen wir dann miteinander. 


Abschließende Worte? 

Benedikt: Ich freue mich über jedes Meme, das mir zugeschickt wird. Wir haben jetzt so viele gemacht, es wird immer schwerer, gute Witze zu finden. 

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