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Nicht nur Kümmert: Maskenverweigerer machen Geschäften Probleme

Soziale Medien haben schon lange den Ruf verloren, besonders sozial zu sein. Was sich Menschen im echten Leben nicht zu sagen trauen, lassen sie danach online raus. So scheint es auch bei Musiker Andreas Kümmert gewesen zu sein. Wie berichtet, hatte der Sänger aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) in Videos auf seinem öffentlichen Instagram-Kanal unter anderem über eine Kassiererin geschimpft, nachdem er aus einem örtlichen Lebensmittelmarkt gebeten worden war. Kümmert hatte sich geweigert, im Laden eine Maske zu tragen. 

Daniel Dietrich, Marktleiter des Gemündener "Edekas Frischecenter Trabold", bestätigt auf Nachfrage den Vorfall. Kümmert sei bereits davor "zwei Mal von unseren Mitarbeitern freundlich darauf hingewiesen worden, dass er bitte einen Mund-Nasen-Schutz tragen solle". Nachdem der 34-jährige Musiker wiederholt ohne Maske in den  Laden gekommen sei, habe er das Gespräch gesucht und um Verständnis gebeten, so Dietrich: "Ich erklärte ihm, dass ich auf das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bestünde, solange er keine glaubhafte Begründung beziehungsweise ein ärztliches Attest habe." Kümmert habe ihm "eine Überweisung, die laut seiner Aussage als Ersatz für ein Attest dienen sollte" gezeigt, schildert der Marktleiter. "Ich erläuterte, dass wir in unseren Räumlichkeiten dazu verpflichtet sind, die geltenden Verordnungen durchzusetzen und das Einhalten derer auch zu kontrollieren."


Nachdem Kümmert schon an der Kasse gestanden war, habe er ihn den Einkauf beenden lassen und darauf hingewiesen, dass er beim nächsten Mal Maske tragen müsse. "Herr Kümmert verhielt sich in diesem Gespräch und auch bei seinen anderen Besuchen in unserem Haus sehr zurückhaltend und freundlich", sagt Dietrich. "Er legte in keiner Weise  eine aggressive Art an den Tag und die Äußerungen in seinen Videos spiegeln sein Verhalten im Markt überhaupt nicht wider."


Das Video, in dem Kümmert den Gemündener Markt ausdrücklich und wiederholt nennt und in dem er eine Kassiererin beschimpft, habe man "zur Kenntnis genommen", sagt Dietrich. Aber man habe ihm "keinen größeren Wert" beigemessen. "Leider ist es Tatsache, dass heutzutage soziale Medien häufig von Personen dazu genutzt werden, um allerhand Propaganda zu verbreiten und Äußerungen zu tätigen. Meist haben diese Menschen bei einer wahren Begegnung nicht den Mut, sich derart zu äußern", sagt der Marktleiter.


Seit Ende April gilt bayernweit bis auf weiteres die Maskenpflicht für alle Kunden und Personal - in Geschäften sowie im öffentlichen Nahverkehr. Die einzige Ausnahme laut Bayerischer Infektionsschutzordnung: wenn das Tragen der Maske wegen einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Gegner der verordneten Corona-Maßnahmen und Maskenverweigerer versuchen sich deshalb mit Hilfe einiger weniger Ärzte mit dubiosen Attesten an geltendem Recht vorbeizuwinden. Auch Kümmert deutete in einem seiner Instagram-Videos an, ein solches "Attest" - im Video zeigt er demonstrativ Gänsefüßchen - zu haben.

Eine stichprobenartige Telefon-Umfrage unter Lebensmittelmärkten in Mainfranken ergibt: Maskenverweigerer sind offenbar in deutlicher Unterzahl. In den meisten Fällen, schildern die Marktbetreiber, hätten Kunden, die ein Geschäft ohne Maske betreten, sie schlicht vergessen und würden sofort eine aufziehen. Die vereinzelten wenigen Verweigerer jedoch beschreiben die Mitarbeiter der Märkte unter anderem als "garstig". Für Geschäfte kann das zum Problem werden: Bei Verstoß gegen die Maskenpflicht droht dem Kunden ein Bußgeld von 150 Euro. Ein Geschäft hingegen muss 5000 Euro zahlen, wenn dieses gegen die Corona-Auflagen verstößt und beispielsweise die Kunden nicht auf eine fehlende Maske anspricht.

Maskenverweigerer sind gut vernetzt

Einzelne Maskenverweigerer schrecken auch nicht davor zurück, auf den sozialen Kanälen negative Bewertungen für Geschäfte zu hinterlassen, die die Maskenpflicht konsequent durchsetzen. Die Maßnahmen-Gegner sind gut vernetzt: Im Internet kursiert derzeit eine Deutschlandkarte, auf der sie eintragen, welche Geschäfte, Banken oder Gaststätten mit der Maskenpflicht lax umgehe, wo die Nennung eines Attests reicht - oder wo die Maske konsequent eingefordert wird. Markiert sind die aufgeführten Geschäfte symbolisch mit Herz auf grünem Hintergrund, Dreieck auf Orange oder Totenkopf auf rotem Hintergrund. 


An diesem Freitag tritt Andreas Kümmert beim Stramu-Ersatz "Pflastertöne" in Würzburg auf. (Archivbild) Foto: Silvia Gralla

Für Mainfranken ist diese Karte vor allem rund um Würzburg sehr dicht. Auch um Marktheidenfeld im Landkreis Main-Spessart sind viele Geschäfte eingetragen. Die Mehrzahl der gekennzeichneten Geschäfte hat ein weißes Herz. Zu manchen Läden gibt es "Erfahrungsberichte", wie bei einer mit Totenkopf markierten Bankfiliale: "Trotz Attest wird man ohne Maske dumm angemacht und als 'Wiederholungstäter' einfach dann irgendwann nicht mehr bedient."

Kümmert löscht (fast alle) Videos von Instagram

Der "Edeka Frischecenter Trabold" aus Gemünden befindet sich nicht auf dieser Karte. Zur Strategie seines Marktes im Umgang mit Maskenverweigerern schreibt Daniel Dietrich: "Generell müssen wir natürlich auf die Einhaltung der Regelungen achten, wenn aber jemand ein ärztliches Attest vorzeigen kann, das ihn vom Tragen des Mund-Nasen-Schutzes befreit, dann kann diese Person trotzdem bei uns einkaufen." Man habe auch schon Kunden gehabt, "die sichtlich Probleme beim Atmen hatten und sich setzen mussten um kurz zu sich zu kommen". Dietrich sagt: "Da zählt natürlich der gesunde Menschenverstand und die Kunden können die Maske erstmal abnehmen. Wir bieten in so einem Fall auch etwas zu Trinken an und Mitarbeiter kümmern sich um diese Person."

Andreas Kümmert hat am Freitag auf seinem Instagram-Kanal die Berichterstattung dieser Redaktion über seine Videos und die Beschimpfungen als wirre Theorien abgetan. Einige der seiner Anti-Masken-Videos sind immer noch online, den Rest hat der Sänger inzwischen gelöscht.

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