Das Fintech ist der ausgelagerte Trading Desk für professionelle Investoren. Wettbewerbsdruck und immer komplexere Märkte machen es möglich.
Trading-Plattformen sind in der Corona-Krise bei Privatanlegern gefragt. Eine App auf dem Smartphone erlaubt es, ganz einfach Aktien und Fonds zu handeln. Man könnte sagen, Greenwich Dealing ist so etwas Ähnliches. Allerdings für die großen Kunden - Asset Manager und Fonds. Bei diesen Deals stehen daher mehr Nullen auf dem Bildschirm. Und anstelle eines simplen Online Brokers geht es hier um einen ausgelagerten Trading Desk. Mancher erinnert sich: in Filmen sitzen dort die hektischen Broker vor blinkenden Wertpapierkursen.
„Für Asset Manager war das Outsourcen von Trading lange undenkbar", sagt Franck Chatillon, Gründer und CEO von Greenwich Dealing mit Sitz in Luxemburg. „Wenn ich vor zehn Jahren zu einem Asset Manager gesagt habe: Sie wissen, dass Sie das auslagern können? Dann haben viele gesagt: Nein, so etwas gibt es nicht." Andere hätten das auch schlicht nicht gewollt. Gehörte das nicht zum Kernbereich ihrer Arbeit?
Chatillon sagt: nein. Die Aufgabe von Asset Managern sei, den Markt zu beobachten, eine Anlagestrategie aufzubauen, Investoren von dieser zu überzeugen und Kapital zu generieren. „Sie treffen die Entscheidungen, wir kümmern uns um die Implementierung", ist seine Formel. Denn was nach der Investmententscheidung komme, koste inzwischen viel Zeit und Geld.
Das „Danach" ist im letzten Jahrzehnt komplizierter geworden. Für den Beginn dessen steht die Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente, Kurzform MiFID, die später durch MiFID II ersetzt wurde.
Die Richtlinie der Europäischen Union zur Harmonisierung der Finanzmärkte im europäischen Binnenmarkt hatte zum Ziel, Transparenz zu schaffen, die Anleger besser zu schützen und mehr Wettbewerb unter Anbietern zu schaffen. Für jene hatte das enorme Konsequenzen.
Nur zwei Beispiele: Das Prinzip der besten Ausführung (englisch: best execution) bezeichnet die Verpflichtung für Wertpapierfirmen, den Kundenauftrag so auszuführen, dass er den besten Preis erzielt. Der Kauf einer Aktie von ArcelorMittal wird vor diesem Hintergrund plötzlich kompliziert.
„Arcelor verkauft seine Aktien simultan in 1.000 Märkten", erklärt Chatillon. „Dazu gehören Trading Plattformen, Börsen und viele mehr. Man muss nun sicherstellen, dass der Deal, den man macht, der Deal zum besten Preis in diesem Moment auf all diesen Märkten ist."
Hinzu kommt eine weitere Änderung, die MiFID mit sich brachte: Die Finanzmarktgeschäfte müssen so dokumentiert und archiviert werden, dass die Einhaltung der „best execution" und anderer Bestimmungen auch gegenüber den Aufsichtsbehörden nachgewiesen werden kann.
Die neuen Vorschriften haben Anbieter ins Schwitzen gebracht, und Chatillon hat es beobachtet. Er kommt aus dem Bankensektor. Angefangen hat er bei J. P. Morgan. Später arbeitete er 20 Jahre bei BNP Paribas. Früh hat er gesehen, dass sich der Markt ändert, weil die regulatorischen Anforderungen steigen. „Kleine und mittlere Player verfügen nicht über die Ressourcen, um das Trading und das Reporting zu leisten", sagt er. (...)
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