Marlen Schubert
Die Lage für Messebauer ist wegen der Corona-Pandemie kritisch. - © kwanchaift - stock.adobe.comDie Sonne scheint. Am Himmel keine Wolken zu sehen. Der Boden ist gefroren. Das Eis knarzt unter den Füßen auf dem Weg zum Eingang der großen weißen Halle. Rechts neben einem großen Rolltor befindet sich eine kleine, weiße Tür, daneben ein Schild mit Namen und Logo der Firma. Auf einer Glasplatte befindet sich auf einem großen schwarzen Viereck ein orangefarbenes Pluszeichen, darunter der Name: schuberts messe + mehr. "Manchmal kommt es vor, dass das Plus mit einem Kreuz und messe mit Gottesdienst verwechselt wird", erzählt Harald Schubert als er an diesem Januarmorgen durch die Eingangstür in seine große Werkstatt tritt. Nicht eine Kirche, sondern die Messebau-Firma schuberts messe + mehr hat ihren Sitz seit 2018 in Iphofen.
"Achtung nicht hinlangen - frisch geölt", warnt der gelernte Schreiner beim Reingehen und zeigt auf eine große Platte, die auf zwei Holzböcken zum Trocknen liegt. Direkt daneben steht ein zwei Meter langer Holzrahmen aus Eiche mit Plexiglas: ein Spuckschutz. "Zwei Elemente für eine Büroeinrichtung", erklärt Schubert. Diese sollen im Laufe des Tages noch ausgeliefert werden.
In der mit Neonröhren beleuchteten 517 Quadratmeter großen Halle ist es warm. Die große Heizung in der linken Ecke bläst im ruhigen Brummen heiße Luft aus. Es riecht nach Holzspänen und frischem Öl. Auf dem grauen Betonboden, auf dem vor allem um die Kreissäge hellbraune, kleine Sägespäne verteilt sind, liegen kleine Holzstückreste und zusammen geknülltes Klebeband. Auf den ersten Blick sieht es ziemlich voll und ungeordnet aus. Stühle, Leitern, große und kleine Maschinen, Platten, Europaletten, Regale, Werkzeuge. "Ich muss immer den Überblick haben", meint der Messebauer, "aber, wenn ich was nicht weiß, muss und kann ich mich auf Manu verlassen - der weiß, wo alles ist." Manuel Kudzus, der einzige Festangestellte von Harald Schubert, ist schon seit seiner Praktikanten- und Ausbildungszeit im Betrieb.
Messen fallen wegen Corona aus"Heute wären wir eigentlich in Stuttgart auf der CMT beim Aufbau", sagt Schubert. CMT ist einer der wichtigsten Tourismus- und Freizeit-Messen in Deutschland und findet dieses Jahr digital statt. "Eine Woche später auf der grünen Woche in Berlin", teilt er nachdenklich mit. "Durch die Pandemie bin ich mehr oder weniger nur am rumrennen", meint er. "Konkret bedeutet das, viel mehr organisieren, mehr Akquisition bei Architekten und Privatkunden - vereinfacht ausgedrückt: Aufträge reinholen."
Durch das Coronavirus wurde 2020 eine Vielzahl der geplanten Messen in Deutschland abgesagt. Die Absage oder Verschiebung von Messen führt nach Untersuchungen des Branchenverband FAMAB zu einem Schaden in Höhe von 870 Millionen Euro allein für deutsche Messebauer.
Auch die Container, in denen zuvor Messestände eingelagert waren, sind von Harald Schubert eigens umgebaut worden, so dass sie jetzt als Büro genutzt werden können. Die schweren, großen, grauen Türen des Bürocontainers werden geöffnet und hinter einer Glastür erscheint: "Mein geordnetes Chaos", wie der Handwerker es beschreibt. Die Lage für Messebauer ist kritisch. Ein Blick in den Kalender verrät: 2018 war Schubert auf zehn Messen, das entspricht zwanzigmal vor Ort, für Auf- und Abbau. 2019 waren es acht. Im Corona Jahr 2020 dann nur noch die Hälfte. Die Feinschmeckermesse in Iphofen war die Letzte, auf der er seinen eigentlichen Beruf ausübte. Danach folgte der Lockdown, und somit viele Verschiebungen oder Absagen bereits geplanter Messen.
Harald Schubert und sein einziger Festangestellter zwischen Maschinen, Spuckschutzen und Teambesprechung. - © Marlen Schubert Fokus auf andere ProjekteKein Messebau - was dann? "Bedingt durch die Pandemie: Spuckschutz" antwortet Schubert lachend. Er muss in der Krise aber kein alternatives Geschäftsfeld bilden: "Ich muss kein neues Konzept entwickeln, ich greife auf das Konzept ‚mehr' zurück, welches auch schon in den letzten Jahren neben den Messen immer mitlief." Dieses steht für Innenausbau und Ladenbau. Neben dem Fertigen von Spuckschutzen, konnte sich der Messebauer auch Projekten widmen, die schon länger geplant waren, wie der Bau eines Wintergartens für das italienische Restaurant ‚iFratelli' in Würzburg.
"Durch Corona sind viele Messebauer quasi arbeitslos", sagt Schubert mit bedrückter Miene, "diese kennen sich aber meist auch gut mit Holz aus und können so andere Aufgaben erledigen wie beispielsweise eine Altbausanierung." Neben Altbausanierungen und Büroeinrichtungen, übernimmt Harald Schubert sowohl eine Ladeneinrichtung für ein Genusshaus in Iphofen, als auch eine für ein Optik- und Akustik-Geschäft in der Schweiz.
Dabei geht es unter anderem um den Bau von Hörkabinen. Wie kann ein Messebauer so etwas realisieren? "Es wird", wie Schubert es formuliert, "einfach gemacht." Sein Credo lautet: Machen. "Ich hatte noch nie im Leben Angst vor einem Auftrag."
Szenenwechsel: Die Sonne erkämpft sich durch das Plexiglas des zweiten Rolltors den Weg in das Innere der Halle. Dort scheint sie auf die in durchsichtiger Folie verpackten Möbelstapel. In dem zweiten Teil der Werkstatt ist die komplette linke Seite mit auf Paletten gestapelten Möbelelementen verbaut. "Das sind 800m2 Messestand für die Pfalz", sagt der Messebauer . Rechts daneben steht ein weiterer Messestand auf mehreren Paletten vor einem Regalsystem, das fast bis unter die sieben Meter hohe Decke reicht. Es scheint so als würden sie da so vor sich hin stauben und nur auf ihren Einsatz warten.
Ungewisse ZukunftBis die Tore der heiligen Messehallen wieder geöffnet werden dürfen, braucht es für Messebauer eine Strategie, einen Plan zum Überleben, aber vor allem auch Hilfe und Unterstützung. Die Novemberhilfe hat Schubert schon zum Teil erhalten. Trotzdem sehe es aufgrund von Messeausfällen dunkel aus, jeden Monat den erforderlichen Umsatz zu erwirtschaften. "Die Angst ist da natürlich groß, die Firma dicht machen zu müssen", sagt Schubert. Trotzdem ist er zuversichtlich: "Ich hoffe, dass ich in diesem Jahr zwei Messen machen kann."
Wie sieht die Zukunft aus? "Realistisch gesehen wird sich der Messebau komplett verändern", sagt Schubert. Ganz konkret: "Kleine Messebauer, wie wir, werden über kurz oder lang aussterben." Trotzdem lacht er nach seiner Aussage und ist optimistisch: "Man muss eben gut genug sein, um zu überleben - und ich hoffe, das sind wir."
Dieser Beitrag ist im Rahmen eines Reportage-Projekts des Master-Studiengangs Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt entstanden. Kooperationspartner war die Deutsche Handwerks Zeitung.