Hagen. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Interview: Englands Fußball hält er für verrückt, die Werbung mit seinen Nationalspielern für unzulässig.
Die Zahlen könnten Schwindel verursachen: Einen dreistelligen Millionenbetrag hat Borussia Dortmund in diesem Sommer für Spieler kassiert, in der gleichen Größenordnung hat der Fußball-Bundesligist investiert. Ein Gespräch mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (57).
Herr Watzke, Sie dürfen nach einem Jahr der Abstinenz am heutigen Donnerstag wieder nach Monaco reisen, wenn die Champions League ausgelost wird. Haben Sie sich schon eine Gruppe zurechtgelegt?Hans-Joachim Watzke: Ich habe mich am Morgen nach dem DFB-Pokalspiel in Trier erstmals damit beschäftigt. Wir liegen ja in Topf zwei, ein Szenario wären die Gruppengegner FC Barcelona und Tottenham Hotspur, das fänd' ich ambitioniert (lacht). Aber wir müssen es ohnehin nehmen, wie es kommt. Die stärkste Gruppe, die wir je hatten, war die mit Real Madrid, Manchester City und Ajax Amsterdam - und die haben wir als Gruppensieger abgeschlossen.
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit den Redakteuren Pit Gottschalk (re.) und Daniel Berg. Foto: Ralf Rottmann/ Funke Foto Services
Watzke: Wir haben eine höhere Dichte, mehr Quantität an Qualität als im vergangenen Jahr, das ist klar. Ich habe das Gefühl, dass wir mittelfristig sehr viel Erfolg mit dieser Mannschaft haben werden, aber man darf nie außer Acht lassen, dass wir drei gestandene Spieler verloren haben und acht neue Leute geholt haben, von denen der älteste 25 Jahre alt ist. Der Trainer muss die Aufgabe lösen, die Mannschaft zu einer homogenen Einheit zusammenzuführen. Er wird das schaffen, aber es wird womöglich ein bisschen dauern. Deswegen dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir mal Rückschläge erleben. Damit werden wir aber ruhig umgehen, wie es beim BVB üblich ist.
Immer wieder wurde Matthias Ginter zuletzt mit einem Wechsel in Verbindung gebracht. Nun stellt BVB-Boss Watzke klar: Ginter soll bleiben.
Watzke: Dass sie ihn in einem Jahr hoffentlich verstanden haben werden.
Er hat zwei Jahre keine herausragenden Leistungen gebracht und war dafür mit 30 Millionen Euro Ablösesumme sehr teuer.Watzke: Heutzutage ist fast jeder Spieler zu teuer. Wir haben bei Andre Schürrle das gleiche gemacht wie immer: Wir beurteilen nicht, was in den letzten ein, zwei Jahren gewesen ist, sondern analysieren sein Potenzial. Das machen wir mit allen Spielern, die jünger als 25, 26 Jahre sind. Das Potenzial von Schürrle ist so groß, dass er bei uns eine tragende Rolle spielen kann.
Einige Millionen zu viel für ihn sind also zu verschmerzen?Watzke: Wir sehen sehen den Transfer im Paket mit dem von Mario Götze. Die beiden ergänzen sich sehr, sehr gut. Wir waren sehr früh bemüht, beide zusammen zu verpflichten. Mario als den Spieler, der sich in engen Räumen wohl fühlt, und Andre als den, der die passende Geschwindigkeit dazu hat. Wir wussten nur nicht, ob es uns gelingen würde, das finanziell zu stemmen. Und dann haben wir für Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitaryan, die alle nur noch ein Jahr Vertrag hatten, die unfassbare Summe von mehr als 100 Millionen Euro erhalten. Das ist Wahnsinn. Der Schlüssel zur Möglichkeit, Götze und Schürrle zu verpflichten, war allerdings der Transfer von Marc Bartra. Wenn man Hummels verkauft, Bartra holt und anschließend aufgrund der festgeschriebenen Ablösesumme für Marc 30 Millionen Euro übrig hat, dann geht das.
Mit Trainer Thomas Tuchel hatte Schürrle vermutlich auch einen prominenten Fürsprecher.Watzke: Thomas Tuchel ist total von ihm überzeugt. Ich habe das oft erlebt: Wenn Spieler durch einen Trainer geformt worden sind, dann fühlen sie sich bei ihm besonders wohl. Beispiel: Raffael. Der ist dem Lucien Favre überallhin gefolgt und hat überall wunderbar funktioniert. Thomas Tuchel hat Schürrle in Mainz herausgebracht. In Leverkusen hat er danach eine gute Zeit gehabt, bei Chelsea, hat es nicht hundertprozentig funktioniert. Seine Quote an Torbeteiligungen war aber immer mindestens ordentlich. Er wird Vorlagen liefern und Tore schießen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es funktionieren wird. Ich habe ihn jetzt im Trainingslager in der Schweiz erlebt und glaube, dass er ein außergewöhnlich guter Typ für die Mannschaft ist. Das ist ein toller Bursche. Der passt bei uns rein.