Marian Laske

Journalist bei Funke Sport, Essen

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Jürgen Klopp kämpft mit Liverpool gegen seinen Final-Fluch

Basel. Der deutsche Trainer kann mit Liverpool die Europa League gewinnen. Doch Endspiele liegen dem Fan-Liebling nicht. Das zeigte sich schon beim BVB.

Es ist kein schöner Bau. Das Novotel steht an einer befahrenen Kreuzung. Der Baseler Hauptbahnhof liegt nicht weit entfernt. Autolärm mischt sich mit dem penetranten Quietschen bremsender Züge. Die vielen Polizisten machen das Hotel zu einer Festung. Hier igelt sich der FC Liverpool ein. Niemand soll Jürgen Klopp dabei stören, die Mannschaft auf das große Ziel einzuschwören. Heute (20.45 Uhr, Sport1 und live bei uns im Ticker) können die Reds gegen den FC Sevilla die Europa League gewinnen.

Als Jürgen Klopp einen Kilometer entfernt von der Liverpooler Festung den kleinen Pressekonferenz-Raum betritt, wirkt er angespannt. Er lächelt gequält. Die Brille kann Augenringe nicht verbergen. Setzt ihm der Druck zu?

Die FSV-Mainz-Legende, der Meister-Trainer von Borussia Dortmund kann an diesem Mittwoch mit dem FC Liverpool Geschichte schreiben. Vor sieben Monaten hat er die Reds übernommen. Vor drei Tagen hat Liverpool die Premiere League auf dem achten Platz abgeschlossen. Doch ein Spiel bleibt. Das Finale. Jetzt kann Liverpool die Saison retten, die Champions League erreichen. Und Klopp kann den Traditionsklub aus dem Nordwesten Englands endgültig wachküssen. Ein Spiel. Alles oder nichts. Das kennt Jürgen Klopp.

Nach dem Pokalsieg nur Pleiten

Der Trainer steht in Basel in seinem sechsten Finale in fünf Jahren. Nur 2012 konnte er mit dem BVB gegen den FC Bayern den DFB-Pokal gewinnen. Mit 5:2 walzte die Borussia den FC Bayern nieder. Klopps Stern strahlte hell, doch es folgten finale Enttäuschungen. 2013 verlor Dortmund das Champions-League-Finale, 2014 und 2015 das DFB-Pokalfinale, und in dieser Saison musste Klopp zuschauen, wie der FC Chelsea den englischen Ligapokal in die Höhe stemmte. „Natürlich war ich nicht glücklich, wenn ich im Endspiel war und nicht gewonnen habe", erklärt Klopp: „Ich habe vielleicht zu viele Silbermedaillen zuhause hängen." Der einzige deutsche Top-Trainer ohne internationalen Titel spielt in Basel auch gegen seinen eigenen Final-Fluch. Er muss beweisen, dass sein Pressing-Fußball noch Titel gewinnen kann. Vereinfacht gesagt: Final-Held oder Final-Depp.

Liverpools Fans lieben Klopp schon jetzt, sie lieben auch seinen Fußball. Wenn sich die Reds wie beim 3:0-Sieg im Halbfinal-Rückspiel gegen Villarreal in Pressing-Maschinen verwandeln. Drauf, Ballgewinn, Angriff. Angeführt vom deutschen Emre Can ließ Liverpool den Spaniern keine Luft zum Atmen. Das soll auch gegen den FC Sevilla funktionieren.

Doch für die Liverpool-Anhänger ist Klopp mehr als nur ein Trainer, der rasanten Fußball spielen lässt. Er soll den Verein, der immer noch von seiner Vergangenheit zehrt, wiederbeleben. Fünf Landesmeister-Pokale, drei Uefa-Pokale, 18 englische Meister-Titel stehen im Geschichtsbuch. Aber: Der letzte internationale Erfolg liegt elf Jahren zurück, die letzte Meisterschaft 26 Jahre.

Vergleiche mit Legende Bill Shankly

„Wir wissen, wie viel unseren Fans daran liegt, dass wir dieses Endspiel gewinnen. Ich wünsche mir, dass wir die Mannschaft sind, die ihren Traum erfüllt", sagt Klopp. Wegen solcher Worte vergleichen ihn die Fans mit der Legende Bill Shankly. Der hat die Reds von 1959 bis 1974 geformt. Doch vor allem war ihm die Einheit zwischen Spielern und Fans wichtig. Daran bastelt auch Klopp.

Deswegen darf kein Spieler aus dem aktuellen Kader das Schild „This is Anfield" berühren, wenn er im Liverpooler Stadion zum Platz geht. „Dafür ist das Schild zu groß", sagt Klopp. Erst ein Sieg gegen Sevilla würde das ändern. Dann wäre auch die Gegenwart groß.

Marian Laske

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