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Frankfurt: Solidarität mit iranischen Mädchen und Frauen

Rund 600 Menschen demonstrieren am Samstag auf dem Römerberg gegen das Mullah-Regime im Iran. © Rolf Oeser

Mehrere Hundert Menschen demonstrieren auf Römerberg. Frankfurts Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg richtet einen Appell an die EU.

Von Maren Kaps

Mit Gasmasken, Schutzbrillen und Schutzanzügen ziehen acht Demonstrierende über den Frankfurter Römerberg. Sie schweigen, ihr Protest steht auf Schildern. „Mama, Hilfe, ich kann nicht atmen", „Der Angriff auf Schulkinder ist das Werk der Terroristen" und „Unsere Kinder sterben, EU macht Geschäfte". Bei der Kundgebung am Wochenende in Frankfurt haben sich laut Polizei rund 600 Menschen vor dem Römer versammelt, um sich mit den iranischen Frauen zu solidarisieren und für Freiheit und Frieden im Iran auf die Straße zu gehen.

Sie thematisieren die Gasvergiftungen an iranischen Schulen, die in den letzten zwei Wochen bekannt wurden. Von bislang mehr als 3100 Vergiftungsfällen an etwa 100 Schulen berichten iranische Medien inzwischen. Betroffen sind nach den Angaben der Deutschen Presseagentur fast ausschließlich Mädchenschulen. Begonnen haben diese Vorfälle im November. Seit dem Tod der 22 Jahre alten Kurdin Mahsa Amini im September wird der Iran von Protesten überrollt. Das Mullah-Regime reagiert bislang immer weiter mit Gewalt gegen die Aufstände.

„Was ist das für ein Regime, das Kinder vergiftet?", sagt Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) auf der Bühne der Kundgebung. Sie wurde vor etwa 40 Jahren selbst nach Protesten im Iran verhaftet. 1985 floh sie mit ihrer zweijährigen Tochter nach Frankfurt, die sie in Gefangenschaft zur Welt brachte. Seit Beginn der Proteste im Iran engagiert sie sich. „Das ist kein Aufstand, kein Protest - das ist eine Revolution!", sagt die Bürgermeisterin. Immer wieder ruft sie mit den Demonstrierenden „Frauen, Leben, Freiheit" - das ist seit September der Ruf im Iran und weltweit bei Demos.

Eskandari-Grünberg fordert, dass sich alle europäischen Regierungen für den Iran einsetzen und die Iranische Revolutionsgarde auf die Terrorliste der EU setzen. Unterstützt wird sie von Udo Bullmann (SPD), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments. Er spricht auch die Sanktionen an, die dafür notwendig sind. Hierfür bräuchte es Beschlüsse aus dem EU-Parlament.

Zu ihnen spricht der iranisch-kanadische Aktivist Hamed Esmaeilion. Seit er 2020 seine Frau und sein Kind bei einem Flugzeug-Abschuss durch die iranische Revolutionsgarde verloren hat, ist er weltweit eine bekannte Stimme der iranischen Opposition. „Die Brutalität des Regimes scheint keine Grenzen zu kennen", sagt er. Bestürzt über die Giftanschläge an Mädchenschulen fordert er deren sofortige Untersuchung.

Die Gruppe „Generation Azadi" (zu Deutsch: Generation Freiheit) tanzt und singt, weil es die Frauen im Iran nicht dürfen. In der Luft schwingen die Flaggen des Irans vor der Kundgebungsbühne, grün-weiß-rot gestreift mit einem goldenen Löwen. Eine iranische Ärztin ist mit ihren Freundinnen gekommen. „Die deutsche Regierung darf nicht mehr mit dem Iran kooperieren", sagt sie. Ihre drei Geschwister und ihre Eltern leben noch im Iran. „Ich kann sie nicht sehen. Meine Einreise würde meinen Tod bedeuten", sagt sie. Auch ihren Namen möchte sie nicht verraten. Die Überwachung des Regimes sei überall. Die Demonstrierenden rufen immer wieder „Freiheit" zu den Rednerinnen und Rednern auf der Bühne.

Ein paar Meter weiter steht Shirin. Sie hat ein selbstgemachtes Plakat in der Hand. „Stoppt die Hinrichtungen" heißt es darauf auf Deutsch. Auf Persisch sagt es „Der bewaffnete Kampf ist der einzige Weg." Die 58-Jährige war selbst zwei Jahre in einem iranischen Gefängnis. „Länder wie den Iran kann man nicht einfach mit Streiks begegnen", sagt sie. „Es braucht wirtschaftlichen Druck."

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