Marcel Richters

Onlineredakteur, Frankfurt am Main

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Hunderte demonstrieren lautstark gegen die AfD

Vielen Teilnehmern der Demonstration am Sonntagabend stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Mit so einem Ergebnis haben wohl die Wenigsten gerechnet. Mit der Alternative für Deutschland (AfD) zieht erstmals seit 1949 eine Partei in den Bundestag ein, die sich selbst im politischen Spektrum eindeutig rechts verortet. Dagegen sind mehrere hundert Menschen auf die Straße gegangen. Es waren Menschen jeden Alters, die sich hier versammelt haben und ihre Wut und Angst mitbrachten.

Wut auf Aussagen wie die von Alexander Gauland: „Wir werden sie jagen. Wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen. Und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen", so die Stellungnahme des stellvertretenden Parteivorsitzenden der AfD nach den ersten Hochrechnungen. Mit 12,6 Prozent laut vorläufigem amtlichen Endergebnis ist die AfD nach CDU und SPD als drittstärkste Kraft im neuen Bundestag vertreten.


Direkt nach dem Ende der Wahl eine Demonstration

Darum hatte die linksradikale Gruppe Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) zu der Demo am Sonntagabend aufgerufen. Nach Angaben der Initiative hatten sich rund 500 Menschen am Kaisersack versammelt. „Ganz Frankfurt hasst die AfD" stand auf dem Frontbanner der Demonstration. So ganz stimmt das nicht: Die Partei kam auf 9,0 Prozent und 7,6 Prozent in den Wahlkreisen Frankfurt I und II, lag damit aber immer noch unter dem Bundesergebnis von 12,6 Prozent.

Neben dieser eindeutigen Aussage ging es NIKA aber um mehr: „Die anderen Parteien haben sich der AfD angebiedert, dabei sollten sie ihr etwas entgegensetzen", sagt Christian Linden, Sprecher der Initiative. Und wie soll das aussehen? „Wir brauchen eine solidarische Gesellschaft, ohne Nationalismus und Abschottung. Die anderen Parteien sollten linke Alternativen bieten, bei rechter Politik wählen die Menschen lieber das Original."


Sorgen über die politische Zukunft

Während der Demo stießen immer wieder Passanten vom Straßenrand hinzu. Auch Yusef und Magdalena haben sich spontan entschlossen teilzunehmen. Sie sind Muslime, Magdalena trägt ein Kopftuch. Was denken sie über das Ergebnis der Bundestagswahl? „Ich glaube, es wird mehr Hass auf Ausländer und Flüchtlinge geben. Die Rechten fühlen sich jetzt bestätigt", sagt Magdalena.

„Ich glaube, es wird mehr Hass auf Ausländer und Flüchtlinge geben. Die Rechten fühlen sich jetzt bestätigt." - Magdalena, Demonstrantin

Auch Yusef glaubt, dass es für die beiden in Zukunft eher zu Anfeindungen kommen wird. Sie kennen viele, die nicht wählen waren. Obwohl sie Freunde dazu aufgefordert haben: „Jetzt zu schweigen bedeutet doch, die AfD zu unterstützen!" Dagegen wollten sie ein Zeichen setzen.

Geschwiegen haben auch die anderen Teilnehmer der Demonstration nicht. Immer wieder waren lautstark kämpferische Parolen zu hören, die sich nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen Nationalismus im Allgemeinen wandten. Auf dem Weg vom Kaisersack zur Konstablerwache ist die Demonstration auf 800 bis 1000 Personen angewachsen.


Polizei hatte mit Wasserwerfern vorgesorgt

Die Polizei zeigte sich trotz der aufgeheizten Stimmung zufrieden. Man hatte Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Es waren starke Kräfte im Einsatz, auch Wasserwerfer wurden vorgehalten. Aber „alles war friedlich, es gab keine besonderen Vorkommnisse", so Polizeisprecher Thomas Seidel.

Die Initiatoren wiederum freuten sich über die große Teilnehmerzahl. Besonders, da die Mobilisierung nur wenige Tage lief. Für NIKA war die Bundestagswahl der Höhepunkt einer seit rund zwei Jahren laufenden Kampagne. Immer wieder hatte die Gruppe Proteste gegen AfD-Veranstaltungen organisiert. Die meisten Kundgebungen verliefen aber in eher kleinem Rahmen. Was erwartet die Gruppe für die nächsten vier Jahre?

„Natürlich kann die AfD jetzt auf viel bessere finanzielle und strukturelle Mittel zurückgreifen." - Christian Linden, Sprecher von NIKA

„Natürlich kann die AfD jetzt auf viel bessere finanzielle und strukturelle Mittel zurückgreifen. Daneben könnte es zu einer weiteren Polarisierung kommen", schätzt Linden die Lage ein. Er will das gute Abschneiden der AfD nicht als Niederlage sehen. Im Gegenteil: Neue Proteste sind schon geplant, als nächstes zum AfD-Parteitag in Hannover. Aber auch in Frankfurt könnte es in den nächsten vier Jahren öfter zu Demonstrationen kommen als bisher.

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