Mit 81 Jahren noch topfit: Theodor Bärnreuther ist der älteste Teilnehmer beim Triathlon Ingolstadt. Theodor Bärnreuther (81) aus Röthenbach an der Pegnitz: Im Keller hat sich Theodor Bärnreuther ein kleines Büro eingerichtet. An der Wand hängen Medaillen aus Gold, Silber und Bronze. Und natürlich stehen dort auch viele Pokale. Jede dieser Trophäen ist mit einer Erinnerung verbunden, und Bärnreuther teilt einige davon bereitwillig mit. Der Ironman in Hawaii etwa: 1989 nahm er das erste Mal teil, danach noch 1992 und 1996. "Das ist schon ein gewisser Tourismus und kostet einen Haufen Geld", sagt er. Hinzu kommen die Bedingungen für die Läufer: "27 Grad, enorme Winde, kein Schatten - das war schon schwierig. " Auch die Vulkanlandschaft, an der er vorbeilief, konnte Bärnreuther wenig genießen - das hat er dann mit seiner Frau gemacht: "Das war unser Jahresurlaub", erzählt Bärnreuther. Wenn er in Hawaii teilnahm, blieb das Ehepaar stets drei Wochen vor Ort und fuhr 4000 Meter hohe Vulkane mit dem Auto hoch, um den Sonnenaufgang zu sehen. Danach ging es zurück ans Meer in wunderschöne Buchten.
Enorm war die Begeisterung, als der Franke aus Röthenbach an der Pegnitz Anfang der 80er-Jahre vor dem Fernseher gesessen und das Treiben in Hawaii verfolgt hatte, zumal zwei Teilnehmer auch noch aus dem Landkreis Roth kamen - wie Bärnreuther. "Das wäre doch was für dich", sagte seine Frau, und offenbar lag sie damit nicht so ganz falsch. "Ich war nie in einem Verein", sagt Bärnreuther heute, "ich habe nur mit Kumpels gekickt. "
In seiner Jugend fuhr er viel Fahrrad, bis ins damalige Jugoslawien oder die Schweiz. Mit 50 Jahren bestritt er dann seinen ersten Triathlon, es folgten diverse Marathons. "Am Anfang war ich froh, wenn ich finishen konnte", erzählt er. Das gelang recht schnell, in seiner Altersklasse erreichte er bald auch die ersten Podiumsplätze. "Da bin ich dann gerne dabeigeblieben", sagt Bärnreuther schelmisch. Es folgte der erste Start bei der Challenge Roth 1987, sein Wunsch, unter 13 Stunden zu bleiben, erreichte er deutlich: Nach 11:11 Stunden ist er im Ziel. Auch beim Duathlon ist Bärnreuther aktiv, jener Ausdauersportart, bei der zuerst gelaufen, dann Rad gefahren und schließlich noch einmal gelaufen wird. Und es ist auch jene Sportart, bei der Bärnreuther seinen größten Erfolg feierte. 2007 war das, bei der WM in Hamburg. Am Ende war er Dritter in seiner Altersklasse. Bronze, ein Platz auf dem Podest. "Das hätte ich mir vorher nicht vorstellen können. " Ein bisschen merkwürdig fand er es damals aber schon, dass bei der Siegerehrung ein Platz neben ihm leer blieb, einige Woche später erfuhr er den Grund dafür: Der Zweitplatzierte hatte abgekürzt, Bärnreuther war nun sogar Vize-Weltmeister.
Dem Duathlon ist er immer noch verbunden. Neben dem Ingolstädter Triathlon war der Duathlon über die Kurzstrecke in Alsdorf (Nordrhein-Westfalen) im April der einzige größere Wettbewerb in diesem Jahr. Um dafür fit zu bleiben, ist das Programm straff: Unter der Woche läuft Bärnreuther täglich 15 Kilometer, dazu kommen im Jahr 5000 bis 8000 Kilometer auf dem Rad sowie einmal pro Woche 2000 bis 3000 Meter im Schwimmbad. Nebenbei engagiert er sich in der Kirche und in einem Blasensemble, und die acht Enkelkinder wollen natürlich auch umsorgt werden. Warum er sich das mit 81 Jahren noch antut? "Ich liebe Sport", sagt Bärnreuther. Und Platz für die ein oder andere Medaille im Keller findet sich bestimmt auch noch.
Die weiteste AnreiseSeit vier Jahren Triathlet: Alexey Dubkov will in Ingolstadt unter 5:30 Stunden bleiben. Alexey Dubkov (44) aus St. Petersburg: 2160 Kilometer Distanz, eine Stunde Zeitunterschied, vier Übernachtungen in Regensburg: Das ist das Programm von Alexey Dubkov, wenn er am Ingolstädter Triathlon teilnimmt.
"Mein alter Schulfreund Viktor lebt seit über 14 Jahren in Regensburg. Er wird auch am Triathlon teilnehmen", erklärt Dubkov seine ungewöhnlich lange Reise aus St. Petersburg. Bereits im letzten Jahr hatte Viktor neben Dubkov noch vier weitere Freunde eingeladen, sie alle nahmen an der letzten Auflage der Regensburg Challenge teil, deren Veranstaltungsfirma mittlerweile insolvent ist. "Das war ein aufregendes Erlebnis", sagt Dubkov, der 2017 neben dem Triathlon noch ein weiteres Mal in Regensburg war. Er nutzte eine ganze Woche, um zu trainieren. "Die Bedingungen sind besser als in Russland. In Deutschland ist es nicht so kalt", erklärt er und schmunzelt.
Die diesjährige Deutschland-Tour führt ihn über München, wo sein Flieger landet. Danach fährt er direkt weiter nach Regensburg. Dort übernachtet Dubkov, der mit seiner Frau Tatjana anreist, vier Nächte bei seinem Freund Viktor, danach geht es wieder nach St. Petersburg. Den Tag vor dem Wettkampf nutzt der 44-jährige Programmierer für einen Ausflug in deutsche Ingenieurskunst und schaut sich das Audi-Museum an. "Das ist kein Hobby von mir, aber ich finde es interessant, mir alte Autos anzuschauen", sagt Dubkov. Den Rest des Tages verbringt er dann damit, sich in der Stadt umzuschauen und die Triathlon-Strecke abzulaufen.
Allgemein nutzt Dubkov seine Wettkämpfe gerne, um den Sport mit dem Kennenlernen anderer Kulturen zu verbinden: "Ich sehe mich da auch als Tourist", sagt er, "andere Architektur, anderes Essen - das finde ich interessant. " Im April lief er etwa den Marathon in Rom, in seiner Rolle als Tourist besichtigte Dubkov den Vatikan, das Kolosseum und diverse Museen. In Deutschland isst er gerne Schweinebraten, dazu trinkt er ein deutsches Bier. "Köstlich! ", sagt Dubkov, mit der Einschränkung: "Vor dem Wettkampf trinke ich natürlich nur alkoholfreies Bier. " Dazu ergebe sich aus der Fankultur in Deutschland, wo die Triathleten von am Rand stehenden Zuschauern bejubelt werden, ein weiterer Reiz für die lange Reise: "In Deutschland hat man die beste Unterstützung, die ich je erlebt habe", erklärt Dubkov, und ergänzt: "In Russland gibt es solch eine Kultur nicht. " Um für seine Wettkämpfe fit zu sein und den Schweinebraten ohne schlechtes Gewissen genießen zu können, trainiert er achtmal in der Woche: zwei Intervall-Läufe á 12 Kilometer, ein längerer Lauf über 25 Kilometer am Wochenende, zwei einstündige Radtouren und eben so viele Schwimmeinheiten, dazu einmal Krafttraining. Ein beachtliches Pensum, das er seit mittlerweile vier Jahren betreibt; sein Freund Viktor hatte ihn mit einem kleinen Wettbewerb in Russland geködert: 300 Meter Schwimmen, 3 Kilometer Laufen, 10 Kilometer Radfahren. "Es gefiel mir", sagt Dubkov, "ich habe dann entschieden, die Langdistanz anzugehen. "
Das gelang ihm dann im letzten Jahr in Regensburg, das bisher einzige Mal. In Ingolstadt wird er in der Mitteldistanz antreten, 5:40 Stunden ist seine Bestzeit. "Jetzt will ich zehn, zwanzig Minuten schneller sein", sagt Dubkov. Um dann ein nicht-alkoholfreies Bier genießen zu können.
Die KämpferinWill den Sprint-Titel verteidigen: Triathletin Claudia Platzek ist seit Geburt schwerhörig und kämpft in Ingolstadt um die Bayerische Meisterschaft. Claudia Platzek (45) aus Pietenfeld: Eines möchte Claudia Platzek am Ende noch anmerken: "Ich mag es eigentlich nicht, im Mittelpunkt zu stehen.
Das Rampenlicht braucht sie nicht, sie hat ja genug zu tun: Für Audi arbeitet die 45-Jährige in Teilzeit in der Aggregate-Fertigung, zuhause umsorgt sie mit ihrem Mann die zwei Kinder, und dann ist da natürlich auch noch der Sport. "Der Tag hat nur 24 Stunden und manchmal bräuchte ich 36", sagte sie bereits vor einem Jahr gegenüber unserer Zeitung, es sei aber schon besser geworden, seitdem die Kinder größer wurden. Viel Zeit für ein aufgeplustertes Ego bleibt da nicht, vielmehr bewegt sich Platzeks Geltungsdrang in einem angenehm angemessenen Rahmen. Dem Interview stimmt sie trotzdem zu, und Platzek verkündet ihre Botschaft: "Ich finde es gut, dass wir Gehörlosen auch bei Wettkämpfen mit Hörenden mitmachen dürfen. Es ist gut fürs Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl und gibt Kraft, mit der Behinderung zu leben. "
Seit ihrer Geburt ist Platzek schwerhörig, ohne ihr Cochlea-Implantat hört sie "gar nix". Beim Triathlon trägt sie das Implantat immer - außer beim Schwimmen, "wegen des Wassers". Ansonsten fehlt ihr etwas. "Ich kann nicht ohne, ich will nicht ohne. Ich möchte etwas hören", sagt sie. Besonders beim Radfahren kann es gefährlich werden, "weil ich nicht höre, was von hinten angerauscht kommt". Platzek blickt sich dann ständig um. "Durch meine Augen habe ich ein weiteres Gehör", sagt sie. Besonders bei Gehörlosen-Wettkämpfen wird es kritisch, wenn keine Gehörhilfen verwendet werden dürfen. Sie meistert diese Herausforderung aber gut: Dreimal wurde Platzek Deutsche Meisterin über die olympische Distanz. Zuletzt kam sie im Gehörlosen-Wettbewerb 2017 nach 2:53 Stunden ins Ziel - knapp sieben Minuten vor ihrer ärgsten Konkurrentin.
In Ingolstadt möchte sie dieses Jahr ihren Sprint-Titel in der bayerischen Meisterschaft verteidigen. Es ist ja eh ein besonderer Termin für die Pietenfelderin: "Ingolstadt ist meine Heimat, ich habe dort nie einen Wettkampf ausgelassen" - außer 2016, da musste sie verletzungsbedingt passen.
Den Triathlon-Sport betreibt sie seit 2010, im Schwimmbad wurde sie damals von einem Mitglied des SV Marienstein angesprochen. "Ich hatte schon immer einen Bewegungsdrang und bin ständig irgendwo bei irgendwas unterwegs", sagt Platzek. Ein kurzer Blick in ihre Historie bestätigt das: Während ihrer Zeit an der Gehörlosenschule spielte sie Handball und Fußball mit den Buben, auch im Schwimmverein war sie damals bereits aktiv. "Das war ein guter Grundstein für den Triathlon", sagt Platzek heute. Später probierte sie sich auch noch im Frauenfußball aus. Letztlich blieb sie aber beim Triathlon hängen. "Das ist ja im Moment auch in Mode", sagt Platzek und ergänzt nüchtern: "Sonst würde ich jetzt wohl nur einfach so dahinjoggen und -schwimmen. "
Dass sie das nicht macht, hat sich spätestens seit den drei Meistertiteln ausgezahlt, und da bleibt ja auch noch ein Ziel: der Ironman. Warum? Ganz einfach: "Den Reiz spürt wohl jeder Triathlet. " Eine besondere Vorbereitung absolviert sie dafür nicht. "Ich trainiere ohne Plan und nach Lust und Laune", meint Platzek. Ihre Ziele formuliert sie pragmatisch: "Eigentlich bin ich zu alt für dieses Ganze, aber im Gehörlosenbereich ist die Konkurrenz nicht so groß. Da kann ich mit meinem Niveau mithalten. " Ihre Meistertitel gben ihr da recht.
Marcel Bothe