Aufgabe: Schnitt und Animationen
Es ist eine wackelige Angelegenheit. Das Haus wird ordentlich durchgeschüttelt. Doch hier wird nicht der Bau eines neuen Eigenheims gefeiert, sondern: eine Beerdigung. Das Haus ist ein Sarg, darin liegt: der Verstorbene. Harte Arbeit für die extra angeheuerten Sargtänzer.
Yaw Addai, Sargtänzer: "Sie engagieren uns, weil wir schick gekleidet sind und schön tanzen. Schönheit und Spektakel sind hier sehr wichtig. [...] Die ganze Welt weiß, dass Beerdigungen in Ghana großartig sind. Wir tun deshalb alles, um sie außergewöhnlich zu gestalten."Denn Beerdigungen sind hier im Westen Ghanas vor allem eines: ein großes Fest. Die Region bezeichnet sich selbst als Welthochburg der Totenfeiern - mit Spezialsärgen, Tänzen und viel Drama. Heute wird der 105-jährige Opanin unter die Erde gebracht.
Amando Owusu, Tochter des Verstorbenen: "Er ist vor etwa sieben Monaten gestorben. Das zeigt, wie viel Zeit man für die Planung einer Trauerfeier braucht. Wir wollten unserem Vater eine schöne Beerdigung verschaffen. 105 Jahre sind ein Segen."Sie hat den Sarg entworfen und gezimmert: Afia Birago, eine der wenigen Frauen in einem männerdominierten Business, eine Expertin für Trauerfeiern. Am Haussarg hat sie einen ganzen Monat lang gearbeitet.
Afia Birago, Bestatterin: "Die Familie konnte es sich zeitlebens nicht leisten, ein Haus für ihn zu bauen, obwohl sie das gerne gemacht hätte. Deswegen haben sie diesen Sarg ausgesucht. Wenigstens im nächsten Leben soll er ein Haus haben."Birago hat schon viele Spezialsärge gebaut: eine Waffe für einen Soldaten, ein Auto für einen Fahrer, einen Rasierer für einen Friseur, ein Handy für einen Telefonhändler, ein Buch für einen Lehrer, eine Kettensäge für einen Waldarbeiter.
Afia Birago, Bestatterin:"Der Tod ist doch Teil des Lebens. Wenn du nicht stirbst, dann kannst du auch nicht ins Land der Toten kommen. Der Tod ist nur Teil einer Reise. Egal wie alt du wirst, am Ende stirbt jeder. Unser Business läuft also immer. "
Doch bevor die Verstorbenen auf ihre letzte Reise gehen, wird der Leichnam aufgebahrt. So auch heute. Der Körper ist golden angemalt. Der Verstorbene hatte zwei Ehefrauen und 23 Kinder, sie präsentieren ihre Gaben für den Trip ins Jenseits: Kissen und Decken, wenn der Tote müde wird. Wasser, wenn er unterwegs Durst bekommt. Und Geld, damit er sich etwas zu essen kaufen kann.
Viel Geld brauchen auch die Lebenden, denn Trauerfeiern in Ghana sind teuer.
Alex Adom Diko, Bruder des Verstorbenen: "Wir mussten ganz schön was zusammenkratzen. Hochzeiten sind billiger, da braucht man nur zwei oder drei Drinks pro Gast, und das war´s. Hier in dieser Region geben wir nicht viel für Hochzeiten aus. Aber Beerdigungen, die müssen was hermachen."Und so ist der Samstag in Ghana reserviert für Trauerfeiern. Es ist jedes Mal eine große Zusammenkunft. Hier werden auch Konflikte innerhalb der Familie offiziell begraben. Doch man muss nicht zum engen Kern gehören, um dabei sein zu dürfen. Das Motto lautet: Je mehr Gäste, desto besser.
Afia Birago, Bestatterin: "Ich mache das selbst: Wenn ich von einer Beerdigung höre, dann gehe ich einfach hin, auch wenn ich den Verstorbenen gar nicht kenne. Wenn ich einen Bus auf dem Weg zu einer Trauerfeier sehe, dann steige ich einfach ein. Das ist doch logisch: Wenn ich mal eine Beerdigung organisieren muss, dann erinnern sich die Leute an mich und kommen auch zu meiner Feier."Auch wenn es für Außenstehende wie eine große Party wirkt, gilt doch eine goldene Regel: Am Totenbett wird laut getrauert. Viele Gäste schaffen das quasi auf Knopfdruck. Und wenn es nicht klappt, gibt es auch eine Lösung.
Afia Birago, Bestatterin "Weinen wird erwartet, sonst heißt es hinterher, dass sie den Toten gar nicht mochten. Doch manchen fällt das schwer, zum Beispiel wenn die Schwiegermutter gestorben ist. Also buchen sie fünf bis zehn Frauen, die das für sie übernehmen. Die weinen dann sehr professionell."So wie Agnes Owusu und ihre Kollegin. Sie sind hauptberufliche Wehklagerinnen. Für bis zu 500 US-Dollar pro Tag kann man sie engagieren.
Agnes Owusu, Wehklagerin: "Ich bin sehr emotional. Schon bei Kleinigkeiten fang ich an zu weinen. Also habe ich mir gedacht: Warum mach ich daraus nicht eine Karriere?"Mit einer Flasche Bier auf Ex und Videos von Leichen bringt sich Agnes Owusu in Stimmung und zeigt uns dann ihr Können.
Agnes Owusu, Wehklagerin: *weint* "Sind wir fertig?"Zurück zur Beerdigung des 105-jährigen Opanin. Sogar die Polizei schaut vorbei, liefert eine kurze Gesangseinlage - und tanzt dann fleißig mit.
Am Nachmittag geht es dann vor allem uns eines: das Geld. Die Familie versucht von den Gästen so viele Spenden wie möglich einzusammeln, um die Schulden für die Beerdigung abzahlen zu können. Eine extra angeheuerte Moderatorin verkündet, welche Gäste wie viel gezahlt haben.
Auch einer der Chiefs, der traditionellen Anführer der Region, ist gekommen, um sich das Treiben anzusehen - und ein bisschen was locker zu machen.
Adom Diko, Bruder des Verstorbenen: "Die Organisation der Beerdigung war hart, wir mussten so viel Geld auftreiben. Aber jetzt, wenn es vorbei ist, werden die Einnahmen gezählt. Unser Hauptziel ist es, die Schulden zurückzuzahlen. Und wenn es gut läuft, machen wir sogar ein bisschen Gewinn."Diesmal lief es ganz gut: am Ende kamen circa 400 Gäste, die Familie hat nur 170 Euro Schulden übrig - für ghanaische Verhältnisse ein Erfolg. Und der Verstorbene hat nun endlich ein Haus für sein nächstes Leben.