Kleinunternehmen werden weitgehend vom Kreditmarkt ausgeschlossen. Diejenigen die frisches Geld benötigen, bekommen keines, diejenigen die Kredite bekämen, wollen keine. Zur ersten Kundengruppe zählen die Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) und Unternehmen bis neun Mitarbeiter, die am häufigsten nach einer Finanzierungsmöglichkeit suchen und in den seltensten Fällen von ihrer Hausbank eine erhalten. Daher wird die Zukunft des Kreditgeschäftes oft in Zusammenhang mit einer vermeintlichen Kreditklemme thematisiert.
Erste Bank und Sparkassen sehen die Ursache für schwaches Kreditwachstum vor allem in der Zurückhaltung der Kreditnehmer. „Die Kreditklemme gibt es nicht, das ist Unfug! Die Sparkassen wollen zum Wirtschaftsaufschwung ihren Beitrag leisten und sich verstärkt in der Unternehmensfinanzierung engagieren", sagt Peter Bosek, Privatkundenvorstand der Erste Bank. Dennoch muss er bei einem Pressegespräch einräumen, „dass noch keine Bank für die EPUs ein vernünftiges Modell gefunden hat", obwohl sich seine Bank seit mehreren Jahren mit dieser Situation befasst. Immerhin sind laut Schätzungen 170.000 EPUs von der restriktiven Kreditvergabe betroffen. In diesem Bereich laufe es sicherlich nicht perfekt, so Bosek. Zudem könne sich dieses Problem vergrößern, weil die zunehmende Zahl der EPUs ein nachhaltiger Trend sei.
Die Banken haben vor allem mit der Besicherung der Kredite für kleinere Unternehmen ihre Schwierigkeiten. „Im Großkundengeschäft wird mehr als die Hälfte der Kreditsumme besichert, was bei EPUs aufgrund fehlender Sicherheiten wie etwa Immobilien nicht möglich ist", so der Erste-Bankvorstand. Eine Studie der Förderbank aws (Austria Wirtschaftsservice) und Wirtschaftskammer zeigt, dass im Vorjahr ein Viertel der Betriebe mit bis zu neun Beschäftigten gerne investiert hätte, es aber dann unterlassen hat. Kein Wunder: Bei EPUs seien 75 Prozent der Kreditwünsche abgelehnt worden, bei Firmen zwischen ein bis neun Mitarbeitern gut die Hälfte. Hauptgrund für die Nichtgewährung eines Kredits war das Fehlen von Sicherheiten (71%) bzw. schlechte Bonität (39%). Nur fünf Prozent der Ablehnungen erfolgten, weil die Investitionsvorhaben inhaltlich nicht überzeugt haben. „Vor allem Unternehmensgründer haben große Probleme, die notwendigen Sicherheiten aufzubringen", warnt der Präsident der Wirtschaftskammer Dr. Christoph Leitl: Wenn man sparen wolle, dann bitteschön bei den Zuschüssen, aber nicht bei den Garantien.
Kreditkonditionen derzeit besonders günstig
Österreichs Klein- und Mittelbetriebe (KMU) haben im vergangenen Jahrzehnt die langfristige Finanzierung gegenüber den kurzfristigen, jährlich zu verlängernden Kreditlinien deutlich ausgebaut, nicht zuletzt, weil eine Erhöhung der Eigenkapitalquote von 17 Prozent im Zeitraum 2001/2002 innerhalb von zehn Jahren auf 29 Prozent gelungen ist. Die heimischen Kreditkonditionen sind derzeit durch das niedrige Zinsniveau äußerst günstig. Der Zinssatz im Neukredit-Geschäft bis 250.000 Euro betrug zuletzt im Durchschnitt nur 2,7 Prozent. Deutsche KMUs mussten hingegen durchschnittlich 3,7 Prozent (also um 100 Basispunkte mehr) und italienische sogar um 4,9 Prozent (+220 Basispunkte) bezahlen. „Angesichts der in den nächsten Jahren zu erwartenden Anhebungen der Leitzinsen sind Fixzinsbindungen zu überlegen, da sie den Kreditnehmer vor dem Zinsänderungsrisiko schützen", empfiehlt Bosek. Außerdem wissen die Kreditnehmer bezüglich der künftigen Zinsbelastung bzw. der Kreditrückzahlungsraten Bescheid und können so die bevorstehenden Investitionen besser planen und einschätzen. Des Weiteren spricht der aktuelle Zeitpunkt mit einem Leitzinssatz von 0,15 Prozent für Fixzinskredite, weil im Euroraum eine Leitzinserhöhung nicht vor 2016 zu erwarten ist.
Die Kreditnachfrage springt langsam an
Eine Studie von Macro-Consult im Auftrag von Erste Bank und Sparkasse zeigt, dass das Verhältnis von Kreditwachstum zu Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent vor fünf Jahren auf nunmehr 0,3 Prozent gesunken ist. Das bedeutet, dass für ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent nur mehr 0,3 Prozent Kreditwachstum erforderlich ist. Die Ursache für die geringere Kreditnachfrage ist die gute Cashflow-Ausstattung der Unternehmen sowie der gestiegene Anleihemarkt. In den nächsten zwei Jahren rechnet Bosek mit einem Wachstum von 2,6 bis 3,6 Prozent bei Unternehmenskrediten: „Das ist eine Momentaufnahme und wird sicher nicht so bleiben. Alle warten auf den großen Aufschwung aber die Investitionslust ist noch gedämpft. Die Türen werden uns von den Unternehmen nicht eingerannt." Allein im ersten Quartal 2014 habe die Erste Bank um 15 Prozent mehr Neukredite vergeben als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Insgesamt hat die Sparkassengruppe heuer im ersten Quartal 2,25 Mrd. an frischen Krediten vergeben, verglichen mit 1,97 Mrd. Euro im Vorjahr „Unsere Türen stehen weit offen und wir haben den absoluten Willen zum Finanzieren", so Bosek. 2013 vergab die Sparkassengruppe 8,8 Mrd. Euro an Neukrediten, davon entfielen 3,09 Mrd. an Privat- und 5,76 Mrd. an Firmenkunden.
Unternehmensfinanzierung durch Bankkredite und Anleihen
Bei den Privat-Haushalten wird die Kreditnachfrage durch die schwache Einkommensentwicklung und die steigende Arbeitslosigkeit gebremst. Größere Unternehmen nehmen verstärkt Anleihefinanzierungen oder Schuldscheindarlehen in Anspruch. Insgesamt lagen die gesamten Verpflichtungen (Passiva), also Eigenkapital und Fremdkapital, der österreichischen Unternehmen im vierten Quartal 2013 bei knapp 752 Mrd. Euro. Im Bereich Fremdfinanzierung setzten Unternehmen ihren Schwerpunkt auf langfristige Bankkredite. Diese beliefen sich auf 224,3 Mrd. Euro und machten 58,6 Prozent der Fremdfinanzierung aus. Auf kurzfristige Kredite mit 47,1 Mrd. Euro setzen 12,2 Prozent. Das bedeutet, dass insgesamt 71 Prozent aller Fremdfinanzierungen über Bankkredite abgedeckt werden.
Außerdem gewannen Unternehmensanleihen in den letzten 15 Jahren zunehmend an Bedeutung: Waren es im Jahr 2000 erst 17,4 Mrd. Euro Anleihefinanzierung, stieg der Betrag bis 2013 auf 64,3 Mrd. Euro an. Der Bereich Eigenfinanzierung belief sich auf gesamt 368,9 Mrd. Euro bzw. 49,1 Prozent.
Neuer Schwung für Österreichs WirtschaftNach dem gedämpften Wirtschaftswachstum im Vorjahr (+0,4% real) ist für 2014 und 2015 ein leichtes Wachstum zu erwarten: Das BIP soll im Jahr 2014 um 1,7 und im Jahr 2015 um zwei Prozent wachsen, der Warenexport soll sich in beiden Jahren um rund fünf Prozent erhöhen und die Investitionen um vier Prozent steigen. Der private Konsum sollte laut Schätzungen im Jahr 2014 um 0,8 Prozent und im Jahr 2015 um 1,1 Prozent expandieren. Der Preisanstieg wird mit rund 1,8 Prozent (2014) und 1,9 Prozent (2015) laut WIFO und IHS im derzeitigen Rahmen bleiben. Bei der Arbeitslosenrate sind die Schätzungen der Wirtschaftsforscher divergierend. WIFO prognostiziert einen Anstieg auf 5,3 Prozent im Jahr 2015 (2013: 4,9%), IHS und die Europäische Kommission erwarten hingegen einen Rückgang auf 4,7 Prozent.