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Umweltaktivisten fordern saubere Geldanlagen

Die Aktivistinnen Anna und Carolin beim „Fossil Free" Stand auf der Königsstraße | Foto: Madeleine Fischer

„Fossil Free" ist eine Umweltorganisation aus Stuttgart. Die Bewegung setzt sich dafür ein, dass öffentliche Gelder nicht länger in fossile Brennstoffe investiert werden, also in Kohle, Öl und Gas. Die Vision der Gruppe ist es, fossile Brennstoffe aus den Anlagen öffentlicher Gelder zu verbannen. Sie fordern, dass öffentliche Institutionen ihre Geldanlagen umschichten und in Zukunft in erneuerbare Energien investieren.

Im Juli 2015 hat Carolin Jaschek die Fossil Free Bewegung in Stuttgart gegründet. Sie verbrachte ihr Auslandssemester in Schweden und war dort bei Fossil Free aktiv. Daraufhin entschloss sie sich, die Bewegung in ihrer Heimat fortzuführen. Fossil Free ist eine Arbeitsgruppe des BUND Kreisverband Stuttgart und geht auf die amerikanische Organisation 350.org zurück. Die Gruppe will öffentliche Institutionen dazu bewegen, ihre Geldanlagen aus Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie abzuziehen. Dazu zählen Firmen, die Gewinn mit der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas erzielen. Die Aktivisten wollen die 200 größten börsennotierten Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie boykottieren und damit einen Teil zum Klimaschutz beitragen. Das Abziehen der Investitionen wird auch als „Divestment" bezeichnet. Zum Engagement von Fossil Free gehören Demonstrationen, Petitionen, Messestände und Straßenaktionen. Zudem betreiben sie Pressearbeit und führen persönliche Gespräche mit Politikern. „Wir wenden uns mit unserer Kampagne vor allem an Institutionen wie Universitäten, Kirchen und Städte, die eine Vorbildfunktion und eine Signalwirkung haben", so Carolin.

Die Problematik

Das Kernthema der Fossil Free Bewegung ist die Kohlenstoffblase, auch Carbon Bubble genannt. Es handelt sich um eine symbolische Blase, die für die Investitionen in fossile Brennstoffe steht. Ein Großteil der Ressourcen fossiler Brennstoffe kann nicht verwendet werden, deshalb wird die Investition in fossile Brennstoffe überbewertet. Einer der Faktoren, warum fossile Brennstoffe nur noch begrenzt verwertet werden können, ist das Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens. Die Politiker haben sich damit das Ziel gesetzt, die Klimaerwärmung auf weniger als Zwei Grad Celsius zu beschränken. Weitere Argumente gegen das Verbrennen von fossilen Brennstoffen sind sinkende Kosten für erneuerbare Energien und die extremen Wetterbedingungen aufgrund des Klimawandels. Wenn die Kohlenstoffblase platzen würde, hätte dies drastische Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft. Allein in Europa sind über eine Milliarde Euro durch die Kohlenstoffblase gefährdet. Die Konzerne der fossilen Brennstoffindustrie könnten bald ein Drittel an Wert verlieren, denn das Pariser Klimaabkommen sieht vor, 80 Prozent der Reserven an Kohle, Öl und Gas unter der Erde zu lassen.

Erster Schritt zum grünen Stuttgart

Fossil Free hatte drei Forderungen an Stuttgart: Zum einen wollten sie erreichen, dass die Stadt ihre Investitionen und Geldanlagen offenlegt. Außerdem sollten keine neuen Investitionen in Konzerne getätigt werden, die Gewinne mit der Förderung von fossilen Brennstoffen machen. Darüber hinaus sollte die Stadt ihre Anteile an Beteiligungen in solchen Unternehmen, Aktien, Mischfonds und Unternehmensanleihen innerhalb der nächsten fünf Jahre abziehen.

Im Juli 2016 gelang es den Aktivisten, diese Forderungen durchzusetzen und damit ihren ersten großen Erfolg zu verzeichnen. Sie überzeugten den Stuttgarter Stadtrat, seine Investitionen in fossile Brennstoffunternehmen innerhalb von fünf Jahren abzuziehen. Die Stadt investiert seitdem nicht mehr in Kohle, Öl und mit Hilfe von Fracking gewonnenes Gas. Damit fallen 75 der 600 größten börsennotierten Unternehmen Europas aus der städtischen Vermögensanlage. Dazu gehören beispielsweise die deutschen Konzerne EON, RWE und die EnBW. Das große Ziel der Organisation im ersten Jahr sei somit erreicht worden.

Fossil Free kritisiert jedoch, dass Stuttgart nicht komplett aus Gas aussteigt. Um den Klimawandel aufzuhalten, benötige es noch weitere Maßnahmen neben dem Divestment. Eine Verkehrswende könne beispielsweise dazu beitragen, den CO 2-Ausstoß zu reduzieren. „Wir können nicht weiter mit Verbrennungsmotoren fahren oder mit Elektroautos, die ihre Energie aus Kohlekraftwerken beziehen", spekuliert Carolin.

Zukunftspläne der Aktivisten

Eines der nächsten Ziele von Fossil Free ist es, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zu nachhaltigeren Anlagerichtlinien zu bewegen. Vor den Büros der LBBW haben sie bereits zweimal demonstriert, bislang jedoch erfolglos. Eine der geplanten Aktionen ist deshalb die Übergabe von Kunstwerken mit politischem Inhalt an die 21 Aufsichtsräte zur LBBW. Diese sollen zur Einsicht gebracht werden, ihre Anlagen umzuschichten. Diese Aktion findet im Rahmen der „Global Divestment Mobilisation" statt, einer globalen Kampagne von Fossil Free. Carolin meint dazu: „Wir sind eine globale Bewegung und wir haben ein Ziel, das alle angeht und für das wir gemeinsam überall auf der Welt kämpfen."


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