Vor wenigen Wochen habe ich meine Abiturprüfungen bestanden. Jetzt werde ich - wie alle anderen Abiturienten auch - ins kalte Wasser geworfen und somit in einen neuen Lebensabschnitt gestoßen. Von nun an sind wir vollkommen auf uns allein gestellt. Die Vorbereitung auf diese Zeit wurde seitens der Schulen, meiner Meinung nach, nur teilweise gewährleistet, wenn nicht sogar gänzlich vernachlässigt. Aus meiner jetzigen Position muss ich unser Bildungssystem komplett in Frage stellen. Ich muss sagen, dass vor allem in den weiterführenden Schulen große Veränderungen von Nöten sind, um eine optimale Lernatmosphäre zu gewährleisten und somit maximalen Lernerfolg zu erzielen. Grundsätzlich sollte der Praxisanteil im Unterricht erhöht werden, um für das spätere Leben elementare Dinge zu lehren. Viele Schüler sind nach der Schule mit den kleinsten Dingen überfordert, da weder Eltern noch die Schule darauf vorbereitet haben.
Natürlich liegt das nicht nur in der Verantwortung der Schulen. Jedoch können sie unterstützend fungieren, um überforderte Eltern zu entlasten. Leider vermitteln nicht alle Eltern die wichtigen Dinge bzw. Werte an ihre Kinder. Hier kann eine Kooperation zwischen den Erziehenden und den Pädagogen zum Erfolg führen. Des Weiteren sollte an allen Schulen ein breites Angebot an Arbeitsgemeinschaften zur Verfügung gestellt werden. Diese AG's dienen zur Förderung der individuellen Stärken und Interessen. Außerdem könnten so auch jahrgangsübergreifende Freundschaften entstehen, welche das gesamte Schulklima verbessern würden. Somit wäre der Schulalltag für Schüler und Lehrer entspannter und angenehmer. Hierzu würden auch „lehrerfreie" Räume oder Bereiche beitragen. Den Schülern würden sich somit Rückzugsorte bieten, um dem Alltags- bzw. Lernstress zu entkommen und für einen kurzen Moment abzuschalten.
Das zu erreichen, sollte ein primäres Ziel der Schulen sein. Denn eine gute Atmosphäre sorgt für lernwillige und motivierte Schüler. Nur das kann zu maximalem Lernerfolg führen.
Des Weiteren bin ich für die Reformierung des Kurssystems. Die Auswahlmöglichkeiten für die Schüler sind in der Oberstufe sehr, sehr eingeschränkt. Seine Stärken auszuspielen ist somit kaum möglich. Die Klassenstufen 10-13 stehen unter dem Motto: „Jeder muss alles können". Im Land Brandenburg muss jeder Schüler 5 Erweiterungskurse á 4 Wochenstunden anwählen. Hier fängt es an mit den Einschränkungen: Jeder muss zwei der drei Fächer Mathe, Deutsch, Englisch wählen. Danach kann er sich dann noch für eine Naturwissenschaft und ein weiteres Fach entscheiden.
Jedoch fallen auch hier einiger Fächer aufgrund der Vorauswahl in Klassenstufe 10 raus. Auch bei den Prüfungsfächern fürs Abitur sind verschiedene Kombinationen schlichtweg unmöglich. Das ist für einige Schüler eindeutig ein Nachteil. Es spricht ja nichts dagegen, dass bei einem Abitur in allen Fächern eine bestmögliche Leistung erzielt werden muss. Jedoch sollten die Abiturienten wenigstens bei den Prüfungen ihre Stärke ausspielen können, um einen bestmöglichen Schnitt zu erzählen.
Den Schülern wird viel zu viel irrelevantes Wissen aufgedrängt, welches sowohl fernab des Interessenbereichs liegt, als auch für das spätere Leben nicht erforderlich ist. Ob man auf diesem Weg zum Ziel kommt, bleibt äußerst fraglich. Natürlich bedarf es einiger Regeln und Richtlinien, um kein Chaos aufkommen zu lassen. Jedoch ist ein übertriebenes Ausmaß dieser Regeln kontraproduktiv.
Zwar würde das Fachabitur die Möglichkeit bieten, sich in eine bestimmte Richtung zu orientieren, jedoch besteht hierbei das Problem, dass man mit diesem Abschluss gezwungen ist, sich ausschließlich in dieser Richtung zu bewegen. Viele Jugendliche sind allerdings in der zehnten bzw. elften Klasse beruflich noch ziemlich unentschlossen und nicht wirklich in der Lage, eine solche Entscheidung endgültig zu fällen.
Natürlich ist es richtig, dass bestimmte Fächer bis zum Abitur belegt werden müssen. Jedoch ist die Anzahl derer, die auf erhöhtem Niveau belegt werden müssen und der damit verbundene Druck viel zu hoch. Des Weiteren sind auch die Einschränkungen eindeutig zu strikt.
Die Schulen sollten deutlich mehr Zeit in die Studienvorbereitung bzw. Berufsberatung investieren. So könnte man Schüler bei der Berufswahl unterstützen, um sie nicht beinahe ahnungslos in die Welt zu entlassen.
Ich möchte gar nicht alle herrschenden Zustände des Brandenburger Bildungssystems schlechtreden und ich werde auch niemals behaupten, dass ich ein Rezept habe, das alles verbessert. Dies sind lediglich Dinge, die mir in den vergangenen 12 Jahren aufgefallen sind. Ich könnte mich noch stundenlang aufregen und ein ganzes Buch zu dem Thema verfassen, doch das sollte fürs Erste reichen. Ich hoffe einfach, dass meine Kinder die Schule in besseren Zeiten besuchen.