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Alltagsrassismus: Was du über Mikroaggressionen wissen solltest

"Ich bin nicht rassistisch!" würden viele Menschen vermutlich von sich behaupten. Gleichzeitig übersehen sie, dass in gewissen Aussagen und Verhaltensweisen sehr wohl Alltagsrassismus steckt. Zeit für ein bisserl Selbstreflexion.


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Gerade für People of Color gehören sogenannte Mikroaggressionen (leider) zum Alltag dazu. Kommentare wie "Wünscht du dir nicht manchmal, glatte Haare zu haben?" oder "Du bist ganz anders als die Schwarzen, die ich bisher getroffen habe!" werden beiläufig gedropt und oft gar nicht als rassistisch oder diskriminierend wahrgenommen – zumindest nicht von der Person, die sie ausspricht. Ein kurzer Ratgeber für alle, die sich mit (dem eigenen) Alltagsrassismus auseinandersetzen möchten oder nicht wissen, wie sie auf Mikroaggressionen reagieren sollen.


Was genau sind Mikoaggressionen?

"Du sprichst aber gut Deutsch!", "Wo kommst du her?" oder "Du bist echt fesch – für eine Schwarze" sind typische Beispiele für Mikroaggressionen: scheinbar alltägliche Äußerungen, die abwertende Botschaften senden und sich auf Gruppenzugehörigkeit beziehen. Sie alle legen kein (für jedermann) offenkundig rassistisches Verhalten an den Tag - wie etwa jemanden mit den N-Wort zu bezeichnen - sind aber (wenn auch auf subtilere Weise) ebenfalls diskriminierend bis rassistisch.

Was noch zu beachten gilt: Mikroaggressionen müssen nicht zwangsläufig verbal kommuniziert werden. Wechselt etwa eine weiße Person die Straßenseite, wenn sie einen Schwarzen Mann sieht, so ist das ebenfalls subtiler Rassismus.


Warum sind Mikroaggressionen so verletzend?

Wie fühlen sich Mikroaggressionen an? Und was macht sie so gefährlich? ZEIT-Redakteurin Vanessa Vu beschreibt es in einem Kommentar von 2019 so: "Man kann sich das wie Nadelstiche vorstellen: Ein Pikser verletzt kaum, aber alle paar Tage gestochen zu werden, macht die Haut wund."

Studien belegen, dass Diskriminierung – ganz egal, wie subtil – Konsequenzen auf die (mentale) Gesundheit hat. Eine Untersuchung des Center for Health Journalism aus 2017 hat etwa herausgefunden, dass Mikroaggressionen im Laufe der Zeit zu Essstörungen, Traumata oder Suizidgedanken führen können.

Gerade die Tatsache, dass der*die andere in der Regel gar nicht bemerkt, dass seine*ihre Aussage oder Handlung rassistisch war, macht es für die Empfänger*innen besonders schwer. Für diese stellt sich nämlich jedes Mal die Frage: "Soll ich etwas sagen? Muss ich jetzt diese Diskussion führen?" - was auf Dauer unglaublich belasten kann.


Wie auf Mikroaggressionen reagieren?

Wer selbst Mikroaggressionen ausgesetzt ist, dem empfiehlt Psychologin Dr. Alisia G.T.T. Tran in einem Artikel der New York Times, mit anderen über das Erlebte zu sprechen – das heißt, aber nicht unbedingt, jedes Mal in Konfrontation zu gehen, denn das laugt laut Tran auf Dauer nur aus und ist für die meisten in der Regel gar nicht zu schaffen. Um zu entscheiden, wann es sinnvoll ist, sich auf eine Diskussion einzulassen, empfiehlt Psychologie-Professor und Aktivist Dr. Kevin Nadal, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Gefährde ich womöglich meine körperliche Gesundheit?
  • Wird die andere Person defensiv reagieren? Könnte es zu einem Streit kommen?
  • Wie wirkt sich eine Diskussion auf mein Verhältnis zu der anderen Person aus? (Vorgesetze*r, Familienmitglied, etc.)
  • Werde ich es bereuen, nichts gesagt zu haben?
  • Bedeutet es, dass ich das Verhalten des*r anderen akzeptiere, wenn ich jetzt nichts sage?

 

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